Berlin/Washington/Moskau (Reuters) – Auch ein zweistündiges Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hat keinen Durchbruch mit Blick auf ein Kriegsende in der Ukraine gebracht.
Beide vereinbarten nach eigenen Angaben zwar, dass die Ukraine und Russland über Friedensverhandlungen sprechen sollen. Ein Kreml-Insider wies aber am Montagabend darauf hin, dass es anders als von Trump behauptet keine Vereinbarung zu einem sofortigen Beginn gebe. Putin erklärte, eine Waffenruhe könne es erst nach einem Abkommen geben. Ein Sprecher der Bundesregierung teilte nach einem Telefonat Trumps mit einigen europäischen Staats- und Regierungschefs mit, die Europäer arbeiteten weiter an harten Sanktionen, um den Druck auf Moskau zu erhöhen. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte dies.
US-Vizepräsident JD Vance hatte vor dem Telefonat von einer drohenden Sackgasse in den Gesprächen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine gesprochen, die von Russland 2022 überfallen worden war. Offenbar hatten die europäischen Regierungen vergeblich bei Trump dafür geworben, Druck auf Putin zu machen. Trump lobte stattdessen nach dem Gespräch, dass Russland potenziell einer der wichtigsten Handels- und Wirtschaftspartner der USA sei. Putin habe großes Interesse, nach dem Krieg die Wirtschaftsbeziehungen mit den USA auszuweiten.
Mit dem von Putin und Trump vereinbarten Ablauf werden die Forderungen der Ukrainer und Europäer nach einer bedingungslosen Waffenruhe vor dem Auftakt von Gesprächen nicht erfüllt. Die Europäer vereinbarten nach Angaben von Regierungssprecher Stefan Kornelius, dass sie die Ukraine nun zumindest bei den Gesprächen mit Russland unterstützen wollten. Nur die rechtskonservative italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni betonte in einer Erklärung, dass Europäer und Amerikaner die Bereitschaft des Papstes zur Vermittlung lobten.
VERGEBLICHES WERBEN
In mehreren Telefonaten – zuletzt am Sonntagabend – hatten die europäischen Regierungen versucht, Trump dazu zu bewegen, den Weg mitzugehen, von Russland eine bedingungslose Waffenruhe zu fordern und andernfalls neue Sanktionen zu verhängen. Dafür gibt es auch Sympathie im US-Kongress. Seit Trumps Amtsantritt im Januar gilt die gemeinsame westliche Haltung zur Ukraine als gefährdet. Der Trump-Regierung wurde wiederholt vorgeworfen, zu sehr auf Russlands Interessen und nicht die der angegriffenen Ukraine zu achten. Ein Kreml-Sprecher sagte, Trump habe in dem Telefonat gesagt, ein Abkommen sei ihm wichtiger als Sanktionen.
Russland hat die Ukraine 2022 überfallen und hält bis heute rund 20 Prozent des Gebietes besetzt. Putin wiederholte am Montag nach dem Telefonat seine alte Position, wonach es das Wichtigste sei, “die Ursachen dieser Krise zu beseitigen”. Europäische Regierungen werfen Putin imperialistische Ziele in der Ukraine vor. Der ukrainische Präsident Selenskyj sagte nach den Telefonaten mit Trump und Europäern, er hoffe nun auf ein internationales Treffen in der Türkei, der Schweiz oder im Vatikan. Sein Land sei zwar bereit zu einem Gefangenenaustausch mit Russland, aber nicht zum Rückzug von ukrainischem Territorium, das von Putin zusätzlich zu den besetzten Gebieten beansprucht werde.
WEITERE SANKTIONEN
Vor dem Telefonat hatte eine Sprecherin des Weißen Hauses gesagt, dass Trump auch bereit sei, Putin persönlich zu treffen, wenn dies die Verhandlungen voranbringen würde. Ein persönliches Treffen mit Putin hatte Trump schon zuletzt im Zuge angedachter hochrangiger Verhandlungen in der Türkei in Aussicht gestellt. Putin war dann aber anders als Selenskyj nicht angereist – und Trump auch nicht. Ein Kreml-Sprecher bestätigte die Bereitschaft beider Politiker für ein Treffen, betonte aber, dass es dafür keine konkreten Planungen gebe.
Am Dienstag wird die EU das bereits 17. Sanktionspaket gegen Russland verabschieden. Bei der Vorbereitung des 18. Pakets geht es aber um härtere Maßnahmen gegen den russischen Energie- und Finanzsektor. EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen hatte die Sanktionen gegen die beiden Nordstream-Pipelines am Freitag erwähnt. Ein Regierungssprecher in Berlin betonte am Montag, dass die Bundesregierung dies unterstütze. Solche Sanktionen könnten auch Pläne von US-Investoren durchkreuzen, mit Russland zusammen an einer Wiederaufnahme der Gaslieferungen nach Westeuropa zu arbeiten. Merz hatte jüngst betont, dass es keine Betriebsgenehmigung für die Nordstream 2-Pipeline geben werde, die russisches Gas dann in Deutschland anlanden würde. Die Pipeline ging wegen des russischen Angriffs nie in Betrieb.
Kornelius wies Berichte zurück, dass westliche Sanktionen gegen Russland nicht effektiv seien. Im Gegenteil hätten sie erhebliche Auswirkungen etwa auf die russische Schattenflotte, mit der westliche Sanktionen beim Ölverkauf unterlaufen werden sollen. Die EU will sich beim anstehenden Finanzministertreffen der G7 in Kanada für einen niedrigeren Preisdeckel auf russisches Öl einsetzen. Das sagte EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis. Dies könne Teil eines neuen Sanktionspaketes werden. Derzeit liegt die Obergrenze westlicher Staaten, die damit Druck auf den Kreml ausüben wollen, bei 60 Dollar pro Fass (159 Liter). Insider sagen, die EU wolle einen neuen Preisdeckel von 50 Dollar vorschlagen.
(Bericht von Andreas Rinke, Olena Harmash, Vladimir Soldatkin und Steve Holland. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)