Peking (Reuters) – Trotz des Zollstreits mit den USA haben Chinas Exporteure zum Ende des ersten Halbjahrs einen Schlussspurt hingelegt.
Die Ausfuhren lagen im Juni wertmäßig um 5,8 Prozent über dem Vorjahr, wie die Zollbehörde am Montag mitteilte. Von Reuters befragte Experten hatten lediglich ein Plus von 5,0 Prozent auf dem Zettel. Im Mai lag der Zuwachs bei 4,8 Prozent. Die chinesischen Hersteller versuchen angesichts der Zollschranken in den USA zunehmend, Marktanteile in den Staaten Südostasiens zu erobern. Chinas Handelsüberschuss belief sich im Juni auf 114,7 Milliarden Dollar, nach 103,22 Milliarden Dollar im Mai. “Chinas Exportwirtschaft beendet das erste Halbjahr mit einem deutlichen Ausrufezeichen”, sagte LBBW-Experte Sandro Pannagl.
Die Zollkonfrontation mit den USA habe zwar die Exporte dorthin einbrechen lassen. Aber eine signifikante Steigerung in andere Regionen wie etwa Südostasien und die EU sowie fallende Importe führten laut dem Experten in den ersten sechs Monaten zu einem Rekordüberschuss im Warenhandel von 586 Milliarden Dollar.
“Das zweite Halbjahr wird auch außenwirtschaftlich gesehen ungemein schwieriger”, prophezeit der Ökonom von der Landesbank Baden-Württemberg.
Unternehmen auf beiden Seiten des Pazifiks warten darauf, ob sich China und die USA auf ein dauerhafteres Abkommen einigen können oder ob die globalen Lieferketten durch die Wiedereinführung von Zöllen von über 100 Prozent erneut durcheinandergewirbelt werden. Peking hat noch bis zum 12. August Zeit, eine dauerhafte Einigung mit den USA zu erzielen.
“WARNSIGNAL AN PEKING”
US-Präsident Donald Trump hat vor kurzem einen Zoll von 40 Prozent auf Gütertransporte in die USA eingeführt, die von Drittstaaten über Vietnam laufen. Dieser Schritt könnte chinesischen Herstellern schaden, die ihre Lieferungen umleiten und so höhere Zölle in den USA vermeiden wollen. “Der jüngste Deal mit Vietnam ist – trotz noch ausstehender Details – jedenfalls ein Warnsignal an Peking”, sagte Experte Pannagl. Hinzu kämen neue Spannungen mit Europa und anhaltender Dissens über den wechselseitigen Marktzugang.
Der deutsche Außenhandelsverband BGA sieht deutliche Hinweise auf ein Umleiten von eigentlich für den US-Markt bestimmter Waren nach Europa. “Der sprunghafte Anstieg chinesischer Exporte nach Deutschland im Vergleich zum Vorjahr ist kein Zufall”, sagte BGA-Präsident Dirk Jandura jüngst. Laut Statistischem Bundesamt legten die Importe aus China von Januar bis Mai um mehr als zehn Prozent auf 67,5 Milliarden Euro zu. Laut Jandura ist der Anstieg eine direkte Folge des amerikanischen Zollkrieges unter US-Präsident Trump. In vielen Branchen produziere China überdies weit über den eigenen Bedarf hinaus und drücke überschüssige Ware zu Niedrigpreisen auf den Weltmarkt.
(Bericht von Joe Cash, Ethan Wang, Yukun Zhang, geschrieben von Reinhard Becker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)