Erneute Rosskur bei Intel – Endgültiges Aus für Magdeburg

Frankfurt (Reuters) – Wegen erneuter Milliardenverluste hat Intel am Donnerstag Massenentlassungen angekündigt.

Außerdem legte der einst weltgrößte Chip-Hersteller seine Pläne für ein Werk in Magdeburg endgültig auf Eis. Bislang hatte das Unternehmen stets gesagt, das Projekt verschiebe sich um zwei Jahre.

Konzernchef Lip-Bu Tan will zudem bis zum Jahresende ein Viertel der bislang knapp 100.000 Stellen streichen. Ein Großteil der Kündigungen sei bereits Anfang Juli ausgesprochen worden. Die übrigen Jobs würden durch natürliche Fluktuation und “andere Maßnahmen” abgebaut. Vor einem Jahr hatte sein Vorgänger Pat Gelsinger mit ähnlichen Maßnahmen versucht, den schlingernden Konzern wieder auf Kurs zu bringen. Er musste jedoch wenige Monate später seinen Hut nehmen. Nach einer Übergangszeit übernahm Tan im Frühjahr das Ruder. Er fährt seither einen harten Sanierungskurs.

Um die Kosten im Griff zu halten, werde Intel künftig neue Werke erst dann bauen, wenn der Bedarf da ist, betonte Tan in einem internen Rundschreiben. Daher will er den Bau der neuen Fabriken im US-Bundesstaat Ohio verlangsamen. Bislang hatte der Konzern bereits in Erwartung einer anziehenden Nachfrage Kapazitäten aufgebaut.

PERMANENTER KRISENMODUS – KI-ZUG IST VORERST ABGEFAHREN

Intel befindet sich seit Jahren in einer Dauerkrise. Das Unternehmen hat den KI-Trend verschlafen und vor allem bei ertragsstarken Hochleistungsprozessoren für Server keine konkurrenzfähigen Produkte im Angebot. Gleichzeitig schwächelt das Geschäft mit klassischen Chips. Ein weiterer Belastungsfaktor ist die aktuelle US-Zollpolitik. Wegen der unsicheren Aussichten für die Konjunktur zögern Verbraucher und Unternehmen Käufe hinaus.

Ein weiteres Sorgenkind Intels ist die Auftragsfertigung. Sie hinkt dem taiwanischen Weltmarktführer TSMC technologisch hinterher. Trotz milliardenschwerer Investitionen produziert dieser Geschäftsbereich bislang nur Verluste. Mit der hochmodernen Fertigungstechnik “18A” will Intel aufschließen. Die Entwicklung wurde allerdings von technischen Problemen und Verzögerungen geplagt. Am Donnerstag kündigte Tan in dem Rundschreiben an, “18A” in großem Stil einführen zu wollen.

Früheren Aussagen von Insidern zufolge will der Intel-Chef diese Fertigungstechnik aber aufgeben und sich auf die nächste, “14A” genannte Generation konzentrieren. Bei einem Verzicht auf die Vermarktung von “18A” drohen Experten zufolge Abschreibungen im dreistelligen Millionen-Dollar-Bereich.

ÜBERRASCHEND HOHER VERLUST UND ENTTÄUSCHENDER AUSBLICK

Intel machte weiteren Angaben zufolge im zweiten Quartal einen überraschend hohen Verlust von 0,67 Dollar je Aktie. Darin enthalten seien Restrukturierungskosten von knapp zwei Milliarden Dollar. Die Talfahrt der Umsätze fand allerdings ein Ende. Sie stabilisierten sich bei 12,9 Milliarden Dollar. Für das laufende Quartal prognostizierte Intel einen Verlust von 0,24 Dollar je Aktie und Erlöse zwischen 12,6 und 13,6 Milliarden Dollar.

Bei Anlegern trafen die Zahlen und Ankündigungen auf ein gemischtes Echo. Im nachbörslichen Geschäft der Wall Street legten Intel-Titel zunächst gut zwei Prozent zu, bevor sie ins Minus rutschten.

(Bericht von Hakan Ersen; unter Mitarbeit von Arsheeya Bajwa, Max A. Cherney und Stephen Nellis; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

tagreuters.com2025binary_LYNXMPEL6O055-VIEWIMAGE