Jerusalem/Washington (Reuters) – Israel und die USA haben die Verhandlungen über einen Waffenstillstand im Gazastreifen mit der radikal-islamischen Hamas offenbar aufgegeben.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte am Freitag, man erwäge nun “alternative” Optionen, um die Geiseln nach Hause zu bringen und die Herrschaft der Hamas in dem Küstenstreifen zu beenden. US-Präsident Donald Trump erklärte, die Hamas wolle keine Einigung. Er gehe davon aus, dass die Anführer der Gruppe nun “gejagt werden”.
Die Äußerungen folgten auf den Abzug der israelischen und US-amerikanischen Delegationen von den von Katar und Ägypten vermittelten Gesprächen in Doha. Der US-Gesandte Steve Witkoff hatte der Hamas die Schuld an der Sackgasse gegeben, was Netanjahu bestätigte. Die Hamas wies die Darstellung zurück und erklärte, die Unterhändler hätten Fortschritte gemacht. Die Äußerungen Witkoffs seien darauf abgezielt, im Namen Israels Druck für künftige Verhandlungsrunden aufzubauen. Der nun offenbar gescheiterte Vorschlag sah eine 60-tägige Feuerpause vor.
Während dieser Zeit hätten zusätzliche Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangen und ein Teil der verbliebenen 50 Geiseln im Austausch gegen palästinensische Gefangene freikommen sollen. Ein zentraler Streitpunkt in dem Konflikt ist die Verteilung von Hilfsgütern. Eine interne Analyse der US-Regierung hat einem Medienbericht zufolge jedoch keine Belege für eine systematische Unterschlagung von US-Hilfsgütern durch die Hamas gefunden.
Die Untersuchung der US-Behörde für Entwicklungszusammenarbeit (USAID) stellt damit die Hauptbegründung der Regierungen in Washington und Jerusalem für die Unterstützung einer neuen, bewaffneten privaten Hilfsoperation infrage, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Freitag berichtete. Das US-Außenministerium wies die Ergebnisse jedoch zurück und erklärte, es gebe Videobeweise für Plünderungen durch die Hamas, legte diese aber nicht vor.
BERICHT: ISRAEL WILL HILFE AUS DER LUFT WIEDER ZULASSEN
Die USAID-Analyse untersuchte 156 Fälle von Diebstahl oder Verlust von Hilfsgütern zwischen Oktober 2023 und Mai 2025. Dem Bericht zufolge seien mindestens 44 der Vorfälle direkt oder indirekt auf Handlungen des israelischen Militärs zurückzuführen. Die israelische Regierung hält dagegen an ihrer Darstellung fest, Geheimdienstberichten zufolge zweige die Hamas bis zu einem Viertel der Hilfslieferungen für ihre Kämpfer ab. Der Krieg begann nach einem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023. Nach Angaben des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) leidet fast ein Viertel der 2,1 Millionen Einwohner des Gazastreifens unter hungerähnlichen Zuständen.
Nach einem Medienbericht will Israel ausländischen Staaten ab Freitag den Abwurf von Hilfsgütern über dem Gazastreifen aus der Luft wieder erlauben. Dies meldete der israelische Armeerundfunk unter Berufung auf einen Militärvertreter. Eine Stellungnahme des Militärs lag zunächst nicht vor. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wirft Israel vor, eine menschengemachte Massenhungersnot in dem Palästinensergebiet verursacht zu haben. Während des mittlerweile knapp zwei Jahre andauernden Gaza-Kriegs wurde schon einmal Hilfe aus der Luft geleistet. Daran war auch die Bundeswehr beteiligt.
(Bericht von Maayan Lubell in Jerusalem und Steve Holland in Washington Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)