Berlin/Washington (Reuters) – Der Internationale Währungsfonds schätzt trotz des schwelenden Handelsstreits die Chancen für die Weltwirtschaft besser ein als zuletzt.
Die globale Wirtschaftsleistung dürfte dieses Jahr um 3,0 Prozent zulegen, 2026 dann um 3,1 Prozent, wie der IWF am Dienstag in Washington mitteilte. Damit wurden die Prognosen aus dem April um 0,2 beziehungsweise 0,1 Prozentpunkte angehoben. Sie liegen aber weiterhin unter dem langjährigen Schnitt von 3,7 Prozent. Die Experten der Finanzorganisation verwiesen darauf, dass sich der von den USA angezettelte Zollstreit ein Stück beruhigt habe.
So haben die USA und China gegenseitige und sehr hohe Zölle vorübergehend ausgesetzt, die EU hat gerade einen Deal mit US-Präsident Donald Trump geschlossen. Dies hatten zuvor auch schon Großbritannien und Japan getan. Außerdem waren die Wirtschaftsdaten für das erste Quartal viel stärker als erwartet.
Der IWF prüft die Details der Handelsabkommen der USA mit Japan und der EU nach eigenen Angaben nun sorgfältig, um die wirtschaftlichen Auswirkungen abschätzen zu können: “Wir müssen abwarten, wie sich die Dinge entwickeln”, sagte IWF-Chefökonom Pierre-Olivier Gourinchas. Es fehlten noch Konkretisierungen. Man müsse sehen, ob die Deals Bestand hätten und ob ihnen womöglich weitere Wendungen in der Handelspolitik folgten. Die bisher in diesen Abkommen vereinbarten Zölle ähnelten jedoch dem effektiven US-Zollsatz, auf den der IWF seine jüngsten Annahmen in der Aktualisierung des Weltwirtschaftsausblicks stützte.
DEUTSCHLAND BLEIBT SORGENKIND
Beim Handelsvolumen mit Waren und Dienstleistungen rechnet der IWF dieses Jahr mit einem deutlich verbesserten Zuwachs von 2,6 Prozent. 2026 dürften es dann aber nur noch 1,9 Prozent sein, viel weniger als bisher erwartet. Deutschland bleibt innerhalb der Euro-Zone, aber auch international ein Sorgenkind. Für dieses Jahr rechnet der IWF trotz der hohen Investitionen der neuen Bundesregierung in die Infrastruktur und die Aufrüstung der Bundeswehr nur mit einem mageren Wachstum von 0,1 Prozent, nächstes Jahr dann 0,9 Prozent. Der Euro-Zone insgesamt wird ein Plus von 1,0 und 1,2 Prozent zugetraut.
Der IWF betonte, es sei vor den Anfang April angekündigten US-Zöllen gegen fast alle Handelspartner noch viel Handel getrieben worden, beispielsweise habe es extrem ungewöhnliche Mengen von Medikamentenlieferungen aus Irland in die USA gegeben. Im Schnitt seien die Zölle zudem heute niedriger als von Trump damals verkündet. Trotzdem bleibe die Unsicherheit hoch. Für die US-Wirtschaft rechnet der IWF mit besseren Werten als bisher – 2025 mit einem Wachstum von 1,9 Prozent, 2026 dann von 2,0 Prozent. Deutlich besser sieht das Bild für China aus. Hier rechnet der IWF mit Zuwächsen von 4,8 und 4,2 Prozent. Auch Indien dürfte mit jeweils 6,4 Prozent stärker zulegen.
(Bericht von Christian Krämer, Andrea Shalal, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)