Brüssel/Berlin (Reuters) – Bundeskanzler Olaf Scholz ist trotz der Bedenken vor allem Ungarns zuversichtlich, dass die EU-Staaten ein Öl-Embargo gegen Russland verhängen werden. “Alles, was ich höre, klingt danach, als ob es einen Konsens geben könnte”, sagte Scholz vor Beginn des Sondergipfels der 27 EU-Staats- und Regierungschefs am Montag in Brüssel. “Und früher oder später wird es den dann auch geben.” Alle arbeiteten konstruktiv und mit dem Willen, sich zu einigen. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte, alle Fragen diesbezüglich seien eigentlich geklärt. “Aber wir sind noch nicht ganz angekommen.”
Im jüngsten Beschlussentwurf für den Gipfel soll das mittlerweile sechste EU-Sanktionspaket gegen Russland ein Importstopp von Öl beinhalten. Lediglich Lieferungen über die Druschba-Pipeline sollen von dem Einfuhrverbot ausgeschlossen bleiben. Die Verbindung mit dem Namen “Freundschaft” verläuft von Russland nach Ost-Europa. Die 27 EU-Mitgliedstaaten würden sich “mit dem Thema einer zeitweisen Ausnahme für Rohöl, das über eine Pipeline geliefert wird, so schnell wie möglich befassen”, heißt es in dem Entwurf weiter, den die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte. Ob bei dem Sondergipfel am Montagnachmittag und am Dienstag ein Durchbruch erzielt werden kann, bleibt damit offen.
Neben Ungarn haben auch die Slowakei und Tschechien mit Verweis auf die hohe Abhängigkeit von russischem Öl Bedenken gegen einen vollständigen Importstopp geäußert. Die Länder verfügen über keinen Anschluss an das offene Meer und sind daher nahezu vollständig von Lieferungen über die Druschba-Pipeline angewiesen. An die Pipeline angeschlossen sind unter anderem Budapest, Prag und Bratislava. Als wahrscheinlich galt, dass die EU-Staaten bei ihrem jetzigen Treffen eine Grundsatzeinigung erzielen und Details bis zum nächsten Gipfel Ende Juni ausgearbeitet werden. “Das ist derzeit ein realistischer Ansatz”, sagte die estische Ministerpräsidentin Kaja Kallas.
(Bericht von Jan Strupczewski, Sabine Siebold, Alexander Ratz; Redigiert von Christian Rüttger; Bericht von Alexander Ratz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)