Berlin (Reuters) – Der Beschäftigungsabbau in der krisengeplagten deutschen Industrie hat sich im Frühjahr fortgesetzt.
Im Produzierenden Gewerbe (ohne Bau) sank die Zahl der Erwerbstätigen im zweiten Quartal um 141.000 oder 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Die exportabhängige deutsche Industrie steht unter wachsendem Druck. Die von US-Präsident Donald Trump verhängten hohen Zölle von 15 Prozent auf Importe aus der Europäischen Union belasten das Geschäft mit dem wichtigsten Kunden USA. Zugleich stellt China immer mehr Waren selbst her und ist zu einem Konkurrenten auf den Weltmärkten aufgestiegen.
“Mit dem Abschwung der Exporte könnte sich der Trend zur Deindustrialisierung nun auch in Deutschland verschärfen”, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Auch würden die deutschen Standortbedingungen die Exporte verteuern. “In den kommenden Jahren dürfte die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter spürbar sinken und die Lohnkosten damit weiter steigen”, betonte Krämer. Auch ein Neustart im Kampf gegen Bürokratie sei unter der neuen Regierung nicht erkennbar. “Damit bleiben deutsche Exporte im Vergleich teuer”, sagte der Chefvolkswirt.
Anders als die Industrie entstanden bei den Dienstleistern im zweiten Quartal neue Jobs. Hier stieg die Erwerbstätigenzahl um 178.000 oder 0,5 Prozent zum Vorjahreszeitraum. “Dabei entwickelte sich die Beschäftigung innerhalb der Dienstleistungsbereiche unterschiedlich”, fanden die Statistiker heraus. Der Bereich Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit setzte seinen langjährigen Aufwärtstrend fort und wuchs um 225.000 Personen (+1,9 Prozent). Die sonstigen Dienstleister – wozu Verbände und Interessenvertretungen zählen – meldeten ein Plus von 24.000 Personen oder 0,8 Prozent. Die Finanz- und Versicherungsdienstleister kamen auf einen Zuwachs von 19.000 Personen oder 1,8 Prozent. Dagegen sank im Bereich Information und Kommunikation die Zahl der Erwerbstätigen weiter, und zwar um 4000 Personen oder 0,3 Prozent. Hier war im Sommer 2024 der fast neun Jahre und über die Corona-Krise hinweg anhaltende Beschäftigungsaufbau zu Ende gegangen.
Im Baugewerbe nahm die Beschäftigung ebenfalls ab: Hier ging es um 21.000 Personen (-0,8 Prozent) nach unten. In der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei nahm sie um 6000 Personen (-1,0 Prozent) ab.
Insgesamt erhöhte sich die Zahl der Arbeitnehmer im Frühjahr um 54.000 (+0,1 Prozent) auf 42,3 Millionen. Dagegen ging die Zahl der Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger weiter zurück. Ihre Zahl sank um 44.000 Personen oder 1,2 Prozent auf 3,7 Millionen.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Sabine Ehrhardt – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)