Neue Angriffe in der Ukraine – Zweifel an Putins Willen zu Verhandlungen

(Durchgehend neu)

– von Anastasiia Malenko

Kiew (Reuters) – Nach neuen russischen Drohnenangriffen in der Ukraine werden Zweifel bestärkt, ob Präsident Wladimir Putin ernsthaft an Friedensverhandlungen interessiert ist.

Das ukrainische Militär meldete am Dienstag kurz nach dem Washingtoner Gipfeltreffen einen der größten russischen Luftangriffe in diesem Monat. Insgesamt habe Russland dabei in der Nacht zum Dienstag 270 Drohnen und zehn Raketen eingesetzt, teilte die Luftwaffe mit. Davon seien 230 Drohnen und sechs Raketen von der Luftabwehr abgeschossen worden. An 16 Orten im Land seien Einschläge von vier Raketen und 40 Drohnen registriert worden.

Von der russischen Regierung stand eine offizielle Bewertung des Gipfels am Dienstagmittag noch aus. Lediglich der Vize-Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, verbuchte das Treffen mit Trump als Niederlage der europäischen Staats- und Regierungschefs: “Die antirussische, kriegstreiberische Koalition der Willigen ist daran gescheitert, sich gegen Trump durchzusetzen”, schrieb der Vertraute von Putin auf Englisch auf X. “Europa hat ihm gedankt und sich bei ihm angebiedert.”

TREFFEN VON PUTIN UND SELENSKYJ ANGEDACHT

Nach den Beratungen zwischen Trump und mehreren europäischen Regierungen zum Ukraine-Krieg am Montag im Weißen Haus äußerten sich die Beteiligten allerdings zufrieden. Es sei in den kommenden zwei Wochen ein Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Putin angedacht worden, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz. Trump strebt nach eigenen Angaben auch ein trilaterales Treffen mit Putin und Selenskyj an. Er äußerte bei dem Treffen mit Selenskyj und europäischen Staats- und Regierungschefs die Hoffnung, dass eine Einigung zur Beendigung des Krieges erzielt werden könne.

Die sogenannte Koalition der Willigen zur Unterstützung der Ukraine wollte am Dienstagmittag tagen. Für die Bundesregierung werde Kanzler Merz an der Videokonferenz teilnehmen, teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius mit. Die Beratung knüpfe an das Treffen in Washington an und setze die laufenden Abstimmungen zur Frage der Sicherheitsgarantien für die Ukraine fort. Anschließend werde Merz an einer Videokonferenz teilnehmen, mit der die EU alle 27 Mitgliedsstaaten über die Verhandlungen in Washington unterrichten wolle.

STROMAUSFÄLLE NACH RUSSISCHEN ANGRIFFEN

Den Friedensbemühungen zum Trotz meldete die Ukraine schwere Luftangriffe in mehreren Orten. Betroffen waren etwa die Regionen Tschernihiw im Norden und Poltawa im Zentrum des Landes. Dort kam es den Behörden zufolge zu Stromausfällen. Berichte zu Opfern lagen zunächst nicht vor. Der Bürgermeister der zentralukrainischen Stadt Krementschuk, Witalij Malezkyj, warf Putin vor, nicht ernsthaft verhandeln zu wollen. “Die Welt hat einmal mehr gesehen, dass Putin keinen Frieden will – er will die Ukraine zerstören”, schrieb er auf Telegram. Malezkyj zufolge erschütterten zahlreiche Explosionen die Stadt. Die Angriffe hätten auf die Energie- und Verkehrsinfrastruktur gezielt.

Der Gouverneur von Poltawa, Wolodymyr Kohut, teilte mit, bei dem Angriff seien Verwaltungsgebäude eines örtlichen Energieinfrastrukturbetriebs beschädigt worden. “Glücklicherweise gab es keine Opfer”, erklärte er. Im Bezirk Lubny seien fast 1500 Privat- und 119 Geschäftskunden ohne Strom.

UKRAINE FORDERT US-UKRAINISCH-RUSSISCHEN GIPFEL

Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha forderte nach den russischen Angriffen ein Gipfeltreffen mit den USA und Russland. Ein solches Treffen könne einen Durchbruch auf dem Weg zum Frieden bringen, schrieb der Minister auf der Plattform X. Die Angriffe zeigten, wie entscheidend es sei, das Töten zu beenden, einen dauerhaften Frieden zu erreichen und Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu gewährleisten. Das Thema Sicherheitsgarantien war ein zentrales bei den Verhandlungen in Washington. Konkrete Ergebnisse dazu gab es aber nicht.

Bundesaußenminister Johann Wadephul sieht in dieser Frage auch Deutschland gefordert. “Am Ende des Tages muss es einfach bedeuten: Wir stehen nicht nur mit Worten, sondern dann auch mit Taten an der Seite der Ukraine”, sagte Wadephul im Deutschlandfunk. Entscheidend sei, dass die USA jetzt auch Sicherheitsgarantien mittragen wollten. “Aber es ist klar: Deutschland hat eine Führungsrolle übernommen, und Führung heißt auch immer Verantwortung tragen.”

Differenzen innerhalb des Westens gibt es in der Frage einer Waffenruhe. Trump hatte am Montag betont, dies sei nicht zwingend eine Voraussetzung für die Aufnahme von Friedensverhandlungen. Merz und auch der französische Präsident Emmanuel Macron stellten dagegen klar, für sie müsse es zunächst zu einem Waffenstillstand kommen. Damit stellten sie sich an die Seite Selenskyjs, der befürchtet, dass Putin während möglicher Gespräche weitere Geländegewinne in der Ukraine verbuchen will.

(Mit weiteren Reuters-Büros; Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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