Europas Börsen schwächer – US-Zinsen und Ukraine im Blick

Frankfurt (Reuters) – Am deutschen Aktienmarkt bleibt ein weiterer Rekordversuch zunächst aus.

Der Dax schwächte sich am Mittwochvormittag um 0,4 Prozent auf 24.330 Punkte ab. “Der Dax bleibt in seiner Seitwärtsphase seit Juni gefangen, jederzeit mit der Chance auf ein neues Rekordhoch, aber auch dem Risiko eines Abrutschens in den saisonal eher schwachen Börsenmonaten August und September”, sagte Stratege Jürgen Molnar von RoboMarkets. Anfang Juli hatte der Index mit 24.639,10 Punkten ein Allzeithoch markiert.

Vor dem mit Spannung erwarteten Notenbanker-Treffen in Jackson Hole gingen die Investoren lieber in Deckung. Der EuroStoxx50 verlor 0,2 Prozent auf 5473 Zähler. “Es dominiert die Sorge, dass Jerome Powell mit einer restriktiven Tonlage den Zinssenkungsfantasien Wind aus den Segeln nehmen könnte”, sagte Timo Emden von Emden Research. Börsianer gehen bislang fest von einer Zinssenkung um 25 Basispunkte im September aus. Bei dem am Donnerstag startenden Symposium wird Fed-Chef Powell am Freitag über die Wirtschaftsaussichten und den politischen Rahmen der Zentralbank sprechen.

Die geringere Risikofreude der Anleger zeigte sich auch am Kryptowährungsmarkt, wo Bitcoin bei 113.655 Dollar vor sich hindümpelte. Vergangene Woche hatte die Cyber-Devise noch ein Rekordhoch über 124.000 Dollar markiert. Am Devisenmarkt notierte der US-Dollar kaum verändert. Der Euro trat bei 1,1644 Dollar auf der Stelle. Der Goldpreis stieg um 0,3 Prozent auf 3323 Dollar je Feinunze. In einem Niedrigzinsumfeld und bei erhöhter Unsicherheit entwickelt sich Gold typischerweise gut.

MIESE STIMMUNG IM US-TECH-SEKTOR SCHWAPPT HERÜBER

Für maue Stimmung sorgten Kursverluste im US-Technologiesektor. Einige Anleger würden Gewinne mitnehmen und in andere Sektoren investieren, erläuterte Steve Sosnick, Chefstratege bei Interactive Brokers. Börsenliebling Palantir etwa steuerte auf ein Wochenminus von elf Prozent zu. “Ein weiteres Indiz dafür, dass auch der Gesamtmarkt vor einer größeren technischen Korrektur steht, um die aufgekommene Gier und Sorglosigkeit der Anleger wieder etwas zu zügeln”, sagte Molnar. Dank der steigenden Nachfrage nach seinen KI-bezogenen Dienstleistungen hatte sich der Aktienkurs des US-Konzerns in diesem Jahr verdoppelt.

An den asiatischen Börsen ging es für Chipwerte ebenso nach unten. Der europäische Technologieindex gab 0,5 Prozent ab. Für Gesprächsstoff sorgte auch, dass die US-Regierung Insidern zufolge ihre Pläne für Staatsbeteiligungen an bereits staatlich geförderten Computerchip-Herstellern wie Intel ausgeweitet hat. “Diese Entwicklungen signalisieren, dass die US-Regierung in eine besorgniserregende und interventionistischere Richtung geht”, sagte Tony Sycamore, Marktanalyst bei IG.

GEWINNMITNAHMEN BEI RÜSTUNGSWERTEN HALTEN AN

Auch das Thema Ukraine beschäftigt die Investoren weiter. “Die Anleger scheinen die diplomatischen Gipfel zur Beendigung des Ukraine-Kriegs nur als Lippenbekenntnisse zu werten”, sagte Analyst Frank Sohlleder vom Broker ActivTrades. US-Präsident Donald Trump zufolge sollen sich in den kommenden Wochen der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der russische Staatschef Wladimir Putin treffen, danach soll es zu einem trilateralen Gipfel mit Trump kommen.

Angesichts des Ringens um Frieden in der Ukraine machten Investoren nach der monatelangen Rally bei Rüstungswerten den zweiten Tag in Folge Kasse. Der europäische Branchenindex verlor 0,6 Prozent, hat seit Jahresbeginn jedoch immer noch mehr als 50 Prozent zugelegt. Einer der größten Dax-Verlierer waren mit einem Minus von 1,2 Prozent die Papiere von Rheinmetall. Im MDax grenzten Titel des Panzergetriebeherstellers Renk und des Rüstungszulieferers Hensoldt ihre Verluste im Handelsverlauf ein und standen noch je 0,3 Prozent im Minus.

(Bericht von Anika Ross.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

tagreuters.com2025binary_LYNXMPEL7J0EO-VIEWIMAGE