Europas Börsen auf Richtungssuche – Alle Augen auf Jackson Hole

Frankfurt (Reuters) – Europas Anleger haben sich in Erwartung von geldpolitischen Signalen aus den USA am Donnerstag bedeckt gehalten.

Der Dax trat am Vormittag bei 24.245 Punkten mehr oder weniger auf der Stelle, während der EuroStoxx50 0,3 Prozent tiefer bei 5454 Zählern stand.

“Es fehlt an klarem Momentum in die eine oder andere Richtung”, sagte Frank Sohlleder, Analyst beim Broker ActivTrades. Der Markt warte auf den entscheidenden Schub, um aus der Seitwärtsbewegung auszubrechen. “Ob Jackson Hole diesen Impuls liefern wird, bleibt abzuwarten.” Bei dem Symposium der führenden Notenbanker und Ökonomen wird vor allem die Rede von Fed-Chef Jerome Powell am Freitag mit Spannung erwartet. Im Banne dessen halfen auch positive Wirtschaftsdaten aus dem Euroraum den Börsen nicht auf die Sprünge. Der Einkaufsmanagerindex für Industrie und Dienstleister stieg im August trotz US-Zöllen und allgemeiner Unsicherheit auf den besten Wert seit Mai 2024.

BÖRSIANER SEHEN ZINSCHANCEN MINIMAL SCHWINDEN

An den Märkten nahmen die Wetten auf eine Zinssenkung der US-Notenbank Fed im September geringfügig ab. Die Wahrscheinlichkeit wird nun bei 80 Prozent nach zuvor 84 Prozent gesehen. Bei der Juli-Sitzung der Fed hielten es nahezu alle Teilnehmer laut den Protokollen für angemessen, den Zielkorridor für den Leitzins bei 4,25 bis 4,50 Prozent zu belassen.

Die Spannungen zwischen Powell und US-Präsident Donald Trump, der sich für Zinssenkungen starkmacht, verstärken die Nervosität der Anleger. Die Debatte um die Unabhängigkeit der Fed erhielt neue Nahrung, nachdem Trump Fed-Gouverneurin Lisa Cook zum Rücktritt aufforderte. Der Dollar-Index hielt sich dennoch stabil und notierte wenig verändert bei 98,257 Punkten.

COMEBACK FÜR RHEINMETALL UND CO

Rüstungswerte zeigten sich erholt, nachdem sie in dieser Woche wegen der Erwartung eines Friedensabkommens zwischen der Ukraine und Russland unter Druck geraten waren. Der europäische Branchenindex kletterte um 1,3 Prozent. Aktien von Rheinmetall stiegen um knapp drei Prozent an die Dax-Spitze. Die Titel des Panzergetriebeherstellers Renk und des Rüstungszulieferers Hensoldt zogen ähnlich stark an. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht in den jüngsten schweren russischen Luftangriffen auf sein Land einen erneuten Beleg dafür, dass es wenig Aussichten auf Frieden gibt.

Aktien von Gerresheimer kletterten um mehr als drei Prozent und lagen zeitweise an der MDax-Spitze. Der neue Großaktionär Active Ownership Capital (AOC) fordert von dem Verpackungshersteller den Verkauf von weiteren Unternehmensteilen und ein Sparprogramm.

ENTTÄUSCHENDE ZAHLEN WERDEN ABGESTRAFT

Stark unter Druck gerieten dagegen die Papiere von CTS Eventim. Die Titel stürzten um bis zu 20,4 Prozent ab, nachdem der Münchener Tickethändler die Erwartungen der Analysten im zweiten Quartal verfehlt hatte. In London brachen die Aktien von WH Smith um 36 Prozent ein und steuerten auf ihren größten prozentualen Tagesverlust zu. Der britische Reise-Einzelhändler schraubte die Gewinnprognose wegen eines Buchhaltungsfehlers in seiner Nordamerika-Sparte herunter. “Dies wirft eine Reihe von Fragen bezüglich der Bilanzierung auf, die wahrscheinlich nicht sofort geklärt werden können und die den Aktienkurs in der Zwischenzeit wahrscheinlich belasten werden”, sagten die Analysten von JP Morgan.

Pläne für einen Umzug in die USA und ein verdoppeltes Aktienrückkaufprogramm gaben der Aktie des niederländischen Versicherers Aegon dagegen Auftrieb. Die in Amsterdam notierten Papiere stiegen um rund 6,7 Prozent auf den höchsten Stand seit zehn Jahren.

(Bericht von Anika Ross, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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