Wien (Reuters) – Österreichs Bundesregierung will angesichts einer erneut gestiegenen Inflation den Kampf gegen die Teuerung verstärken.
“4,1 Prozent ist viel zu viel”, sagte Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) am Dienstag zum Auftakt einer zweitägigen Regierungsklausur in Wien. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) sprach angesichts der Daten von einem “Schock”. Zuvor hatte die Statistik Austria mitgeteilt, dass der nach EU-Kriterien berechnete Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) im August im Jahresvergleich um 4,1 Prozent gestiegen sei. Dies ist der höchste Wert seit März 2024. Damit liegt die Inflation in der Alpenrepublik fast doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Euro-Zone.
Die Preissteigerungen bei Lebensmitteln könnten so nicht mehr akzeptiert werden, sagte der Bundeskanzler. Auch die Energiekosten seien zu hoch. “Wir haben nicht den Knopf, auf den wir drücken, und die Inflation geht zurück”, sagte Marterbauer. Die Regierung könne aber gezielt einzelne Maßnahmen setzen.
Am Vortag hatte der Kanzler die Bevölkerung auf schwierige Zeiten eingestimmt. “Möglicherweise droht uns noch Ungemach”, sagte Stocker am Montagabend im ORF. Als Ziel formulierte er seine “2-1-0”-Formel: zwei Prozent Inflation im kommenden Jahr, mindestens ein Prozent Wirtschaftswachstum und null Toleranz gegenüber Intoleranz. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS rechnen für das kommende Jahr jedoch ohnehin mit einem deutlichen Rückgang der Inflationsrate auf rund zwei Prozent.
Die Regierung kämpft zugleich gegen eine schwächelnde Konjunktur und ein hohes Haushaltsdefizit. Nach zwei Jahren Rezession dürfte die Wirtschaft nach Einschätzung von Ökonomen auch im laufenden Jahr kaum vom Fleck kommen. Nach den Plänen der Drei-Parteien-Regierung aus konservativer ÖVP, sozialdemokratischer SPÖ und liberalen Neos soll nun ein Konjunkturpaket im Umfang von einer Milliarde Euro die Wirtschaft stützen. Geplant sind unter anderem Förderungen für energieintensive Industrien, steuerliche Anreize für Investitionen sowie Mittel für den Breitbandausbau. Finanziert werden soll dies vor allem durch Umschichtungen im Budget und Kürzungen bei Förderungen. Das Paket soll am Mittwoch im Ministerrat beschlossen werden.
Der Statistik Austria zufolge trugen nahezu alle Ausgabengruppen zur Teuerung bei. Besonders stark stiegen die Energiepreise mit einem Plus von 5,9 Prozent nach 4,2 Prozent im Juli. “Einerseits wirkten die Treibstoffpreise deutlich weniger preisdämpfend als zuletzt, andererseits stiegen auch die Strompreise weiter”, sagte die Generaldirektorin der Statistik Austria, Manuela Lenk. Den größten Einfluss hatten jedoch weiterhin Dienstleistungen mit einem Plus von 4,7 Prozent sowie Nahrungsmittel, Tabak und Alkohol mit einem Zuwachs von fünf Prozent. Die Kerninflation ohne Energie und unverarbeitete Lebensmittel stieg auf 3,8 Prozent von 3,4 Prozent im Vormonat.
In der Euro-Zone insgesamt war die Inflation zuletzt ebenfalls leicht gestiegen. Die Teuerungsrate in der 20-Länder-Gemeinschaft nahm auf 2,1 Prozent zu, wie das Statistikamt Eurostat mitteilte. Volkswirte hatten mit 2,0 Prozent gerechnet. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt mittelfristig eine Rate von zwei Prozent an.
(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)