Berlin (Reuters) – Die deutsche Inflationsrate ist im August wegen höherer Preise für Obst und andere Lebensmittel erstmals in diesem Jahr gestiegen.
Waren und Dienstleistungen verteuerten sich um durchschnittlich 2,2 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte und damit eine Schätzung von Ende August bestätigte. Das ist der erste Anstieg seit Dezember 2024. Im Juli und Juni lag die Teuerungsrate noch bei je 2,0 Prozent. Von Juli auf August legten die Verbraucherpreise um 0,1 Prozent zu. “Der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln hat sich im August verstärkt”, sagte Statistikamtspräsidentin Ruth Brand. “Zudem dämpfte der Preisrückgang bei Energie die Inflationsrate weniger stark als in den Vormonaten.”
Energie kostete im August 2,4 Prozent weniger als ein Jahr zuvor (Juli: -3,4 Prozent). Der Preisrückgang schwächte sich hier den vierten Monat in Folge ab. Binnen Jahresfrist sanken sowohl die Preise für Kraftstoffe (-2,5 Prozent) als auch für Haushaltsenergie (-2,3 Prozent).
Dienstleistungen verteuerten sich überdurchschnittlich um 3,1 Prozent. “Haupttreiber für höhere Preise bleiben Dienstleistungen, deren Preisdynamik jedoch spürbar nachlässt”, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. “Bis zum Jahresende dürfte sich die Inflation angesichts weniger dynamischer Tariflohnsteigerungen und einer zunächst noch verhaltenen gesamtwirtschaftlichen Dynamik bei rund zwei Prozent einpendeln.”
SCHOKOLADE DEUTLICH TEURER – OLIVENÖL DEUTLICH BILLIGER
Nahrungsmittel kosteten 2,5 Prozent (Juli: +2,2) mehr. Von August 2024 bis August 2025 verteuerten sich vor allem Obst (+7,1 Prozent) sowie Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren (+6,9 Prozent). Auch für Molkereiprodukte und Eier (+3,2 Prozent) sowie Fleisch und Fleischwaren (+2,9 Prozent) fiel die Preiserhöhung deutlich aus. Günstiger als ein Jahr zuvor wurden hingegen Speisefette und Speiseöle (-1,3 Prozent) sowie Gemüse (-1,1 Prozent). Während Schokolade mit plus 21,3 Prozent spürbar teurer war, verbilligte sich etwa Olivenöl mit 22,6 Prozent deutlich.
Wenn die Preise für Lebensmittel, darunter auch Kaffee, Obst und Eier überdurchschnittlich steigen, “dann dürfte auch die gefühlte Inflation gestiegen sein, also die von den privaten Haushalten subjektiv empfundene Inflation”, erklärte Chefökonom Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank (HCOB). Derzeit dämpften noch die Energiepreise, die im Vergleich zum Vorjahr weiter deutlich niedriger lägen. “Läuft dieser Effekt aus, könnte es mit der Gesamtinflationsrate wieder etwas höher gehen”, sagte der HCOB-Experte. Und im nächsten Jahr kämen dann noch die Nachfrageeffekte aus dem Infrastrukturprogramm hinzu, das dann wohl endlich ins Rollen komme. “Eine Inflationsrate von mehr als 2,5 Prozent sollte dann nicht überraschen.”
Die Teuerung ohne Nahrungsmittel und Energie, oft als Kerninflation bezeichnet, lag im August unverändert bei 2,7 Prozent. Das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) für den Währungsraum ist zwei Prozent. Die nach europäischen Standards berechnete deutsche Teuerungsrate liegt aktuell mit 2,1 Prozent knapp über dieser Zielmarke. Die Währungshüter haben wegen des insgesamt schwächeren Preisdrucks seit vergangenem Jahr achtmal ihren Leitzins gesenkt, im Juli und September aber eine Pause eingelegt. Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau schließt allerdings ein weiteres Lockern der Zinsen auf den kommenden EZB-Sitzungen nicht aus. Es gebe keinen vorgezeichneten Kurs, sagte Villeroy am Freitag dem Sender BFM Business. “Aber eine weitere Zinssenkung ist bei den kommenden Sitzungen durchaus möglich.”
(Bericht von Klaus Lauer, Mitarbeit von Dominique Vidalon und Frank Siebelt, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)