Nahost-Konferenz in New York – Zweistaatenlösung als Ziel

– von John Irish und Michelle Nichols

New York (Reuters) – Frankreich und Saudi-Arabien wollen am Montag bei einem Gipfeltreffen mit Dutzenden Staats- und Regierungschefs für eine Zwei-Staaten-Lösung im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern werben.

Es wird erwartet, dass mehrere Länder bei dem Treffen in New York einen palästinensischen Staat formell anerkennen. Dieser Schritt dürfte scharfe Reaktionen aus Israel und den USA nach sich ziehen. Beide Länder boykottieren das Treffen. Deutschland nimmt an der Konferenz teil, die Bundesregierung will einen palästinensischen Staat vorerst aber nicht anerkennen. Am Dienstag beginnt bei den Vereinten Nationen zudem die Generaldebatte der Vollversammlung. Deutschland wird in New York von Bundesaußenminister Johann Wadephul vertreten.

Vor seiner Abreise erklärte Wadephul, die Bundesregierung strebe weiterhin eine Zweistaatenlösung an. “So fern sie auch gerade in diesen Stunden ist, eine verhandelte Zweistaatenlösung ist der Weg, der Israelis wie Palästinensern ein Leben in Frieden, Sicherheit und Würde ermöglichen kann.” Die Anerkennung eines palästinensischen Staats stehe für Deutschland aber eher am Ende der Verhandlungen. “Aber ein solcher Prozess muss jetzt beginnen”, betonte der CDU-Politiker.

Großbritannien, Kanada, Australien und Portugal hatten bereits am Sonntag einen palästinensischen Staat anerkannt. Frankreich und fünf weitere Staaten werden diesen Schritt voraussichtlich am Montag vollziehen.

“Wir halten das nicht für hilfreich. Wir glauben, dass es den Terrorismus belohnt”, sagte der israelische UN-Botschafter Danny Danon bereits am Donnerstag. Er bezeichnete die Veranstaltung als “Zirkus”. Israel erwägt als Reaktion die Annexion von Teilen des besetzten Westjordanlandes sowie bilaterale Maßnahmen gegen Frankreich, wie israelische Regierungsvertreter erklärten. Auch die US-Regierung hat vor möglichen Konsequenzen für diejenigen gewarnt, die Schritte gegen Israel einleiten.

“KEIN VAGES VERSPRECHEN FÜR DIE FERNE ZUKUNFT”

Der Gipfel vor Beginn der UN-Generalversammlung folgt auf die israelische Bodenoffensive auf Gaza-Stadt. Angesichts der Offensive und der eskalierenden Gewalt durch israelische Siedler im Westjordanland wächst nach Einschätzung von Beobachtern die Dringlichkeit zu handeln, bevor die Idee einer Zweistaatenlösung endgültig begraben wird. “Die New Yorker Erklärung ist kein vages Versprechen für die ferne Zukunft, sondern ein Fahrplan, der mit den obersten Prioritäten beginnt: einem Waffenstillstand, der Freilassung der Geiseln und dem ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe nach Gaza”, sagte der französische Außenminister Jean-Noel Barrot am Donnerstag.

In Gaza äußerten sich Palästinenser skeptisch. “Selbst wenn Länder wie Australien, Kanada und Frankreich Palästina anerkennen, glaube ich nicht, dass es ernsthaften Druck auf Israel geben wird, den Palästinensern ihre Rechte zu gewähren”, sagte der Vertriebene Nabeel Dschaber. Im von Israel besetzten Westjordanland, wo die Palästinenser ihren Staat errichten wollen, zeigten sich Bewohner optimistischer. “Es ist ein Sieg für die historischen Rechte der Palästinenser”, sagte Mohammed Abu Al Fahim.

In Tel Aviv verwiesen Israelis darauf, dass die Palästinenser in der Vergangenheit viele Chancen auf einen eigenen Staat ausgeschlagen hätten. “Wir haben ihnen etwa fünfmal Frieden angeboten. Sie haben sich nie für den Frieden entschieden”, sagte die 25-jährige Filmstudentin Tamara Raweh.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wird nicht persönlich an der UN-Vollversammlung teilnehmen, da die USA ihm und seiner Delegation die Visa verweigerten. Er soll per Video zugeschaltet werden. Auslöser des Gaza-Krieges war der Angriff der radikal-islamischen Hamas auf Israel im Oktober 2023. Dabei wurden nach israelischen Angaben 1200 Menschen getötet und 251 weitere als Geiseln genommen. Israels anschließende Militäroffensive im Gazastreifen hat nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden mehr als 65.000 Palästinenser das Leben gekostet und den Großteil der Bevölkerung vertrieben.

(Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Elke Ahlswede; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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