Pistorius kündigt Aufrüstung im All mit 35 Milliarden Euro an

Berlin (Reuters) – Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat vor einer Bedrohung im All durch Russland und China gewarnt und milliardenschwere Investitionen in die Weltraumsicherheit angekündigt.

“Sie können Satelliten stören, blenden, manipulieren oder kinetisch zerstören”, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag auf einem Weltraumkongress des Industrieverbandes BDI. Russland und China besetzten bereits wichtige “strategische Höhen und Berge im All”. “Das russische Verhalten ist auch und gerade im Weltraum eine fundamentale Bedrohung für uns alle.” Die Bundeswehr werde zur Gefahrenabwehr aber auch für die Offensive im All allein bis 2030 rund 35 Milliarden Euro investieren. Der Chef der Europäischen Weltraumagentur ESA, Josef Aschbacher, forderte mehr Mittel, um die Organisation zu stärken. Aus der Industrie wurden schnellere Genehmigungsverfahren verlangt.

PISTORIUS: RUSSLAND VERFOLGT BUNDESWEHR-SATELLITEN

Pistorus sagte, bereits heute seien Systeme der Bundeswehr von Stör-Angriffen betroffen. Aktuell würden zwei auch von der Bundeswehr genutzte IntelSat-Satelliten durch zwei russische Aufklärungssatelliten verfolgt. “Den rein friedlichen Charakter dieses Verhaltens würde ich mir gerne einmal erklären lassen.” Pistorius zufolge betreibt China zudem mit seinen Weltraumsystemen “hochagile und dynamische Annäherungsmanöver”. “Würden wir diese taktischen Verfahren auf die Luftwaffe übertragen, könnten wir von Luftkampfübungen sprechen”, sagte der Minister. Allein während seiner Rede würden 39 chinesische und russische Aufklärungssatelliten Deutschland überfliegen. Schon vor dem Angriff auf die Ukraine habe ein russischer Cyberangriff auf das Satellitennetzwerk “ViaSat” auch in Deutschland die Steuerung von knapp 6000 Windrädern massiv eingeschränkt.

Der Minister forderte ein Aufbrechen alter Denkmuster, die scharf zwischen ziviler und militärischer Nutzung trennten. Die Bundeswehr plane die Beschaffung neuer Satelliten zur Frühwarnung, Aufklärung und Kommunikation. Zudem sei ein eigenes militärisches Satelliten-Betriebszentrum im Weltraumkommando der Bundeswehr geplant. “Wir müssen auch im Weltraum europäischer werden”, sagte Pistorius. “Wenn wir das nicht schaffen, werden wir unser Waterloo im All erleben.” Deutschland brauche zudem gesicherte Transportkapazitäten ins All und setze dabei auf einen Mix aus kleinen Trägerraketen für flexible Starts.

Der Chef der Verteidigungssparte von Airbus, Michael Schöllhorn, forderte Tempo und Zusammenschlüsse in der Verteidigungsbranche. Sonst würde man global zurückfallen, sagte er mit Blick auf das europäische Kartellrecht. Zudem müssten Projekte schneller genehmigt und Hürden abgebaut werden. Falsch sei außerdem eine Konzentration rein auf die Defensive: “Man verteidigt sich mit Schild und Schwert. Nur mit Schild wird es schwierig”, sagte Schöllhorn.

Vor dem Treffen der europäischen Partner der Weltraumagentur ESA im November forderte die Organisation ein klares Bekenntnis zu höheren Investitionen. Deutschland solle in den nächsten drei Jahren sechs Milliarden Euro zur Verfügung stellen, sagte ESA-Chef Josef Aschbacher. Für 2026 sind im Bundeshaushalt allerdings nur gut eine Milliarde Euro vorgesehen. “Europa muss aufpassen, dass wir nicht aus dem Rennen fliegen”, sagte er mit Blick auf Russland, Asien und Amerika.

(Bericht von Markus Wacket; redigiert von Christian Rüttger Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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