Wien (Reuters) – Der österreichische Faserhersteller Lenzing prüft einen Verkauf seines Standorts in Indonesien und streicht am Hauptsitz im oberösterreichischen Lenzing rund 600 Stellen.
Im Zuge dessen schreibt der Konzern bis zu 100 Millionen Euro auf den indonesischen Standort ab, wie Lenzing am Montag mitteilte. Die geplanten Einsparungen lösten umgehend Proteste der Belegschaft aus: Am Vormittag fand am Konzernsitz eine Betriebsversammlung statt, an der nach Angaben des Betriebsrats rund 1000 Beschäftigte teilnahmen. Sie trugen Transparente mit Aufschriften wie “Für unsere Arbeitsplätze” oder “Nur wer kämpft, kann auch gewinnen”. Die “Kronen Zeitung” hatte bereits am Freitag von einem bevorstehenden Abbau von rund 500 Stellen berichtet.
Lenzing stellt aus Holz Cellulosefasern her, die unter Markennamen wie Tencel bekannt sind. Diese gelten als umweltfreundliche Alternative zu Baumwolle oder Synthetikfasern und werden an die globale Mode- und Textilindustrie geliefert. Ein weiteres Standbein ist das Geschäft mit Vliesstoffen für Hygieneartikel wie Feuchttücher. Lenzing beschäftigt weltweit rund 7700 Mitarbeiter, davon rund 3000 am Hauptsitz.
Mit dem Umbau will sich Lenzing auf margenstärkere Spezialfasern konzentrieren und sich schrittweise aus Massen-Segmenten zurückziehen. Der Personalabbau soll in zwei Schritten erfolgen: Zunächst werden rund 300 Stellen in der Verwaltung gestrichen, ein weiterer Abbau von rund 300 Arbeitsplätzen folgt bis Ende 2027 durch die stärkere Internationalisierung des Geschäfts. Lenzing will damit ab 2027 jährlich mehr als 45 Millionen Euro einsparen. Gleichzeitig kündigte der Konzern an, mehr als 100 Millionen Euro in die Standorte Lenzing und Heiligenkreuz zu investieren. An der Wiener Börse legten die Lenzing-Aktien 1,8 Prozent auf 25,8 Euro zu. Analysten der Erste Group bewerteten die Pläne als einen Schritt in die richtige Richtung. Mit der verfeinerten Strategie reagiere das Unternehmen auf die aktuellen Herausforderungen am Markt.
Der Konzern kämpfte in den vergangenen Jahren immer wieder mit Verlusten. Als Gründe nannte das Unternehmen hohe Kosten für Rohstoffe und Energie, gestiegene Logistikkosten sowie den Preisdruck durch asiatische Wettbewerber. Zuletzt ging es jedoch wieder nach oben. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz um 2,3 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro, während sich das operative Ergebnis (Ebitda) sogar um 63 Prozent auf 268,6 Millionen Euro erhöhte. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 15,2 Millionen Euro nach einem Verlust von 65,4 Millionen im Vorjahreszeitraum.
Das Unternehmen gehört zu 37,25 Prozent der österreichischen B&C-Gruppe und zu 15 Prozent dem brasilianischen Zellstoffkonzern Suzano. Knapp sieben Prozent hält Goldman Sachs. An der Prognose für das laufende Geschäftsjahr, die ein Ebitda über dem Vorjahreswert vorsieht, hält das Management fest. Für 2027 strebt der Vorstand ein Ebitda von rund 550 Millionen Euro an.
(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)