Israel und Hamas verhandeln über Trumps Gaza-Plan

– von Nidal al-Mughrabi und Andrew Mills und Ahmed Fahmy

Scharm El-Scheich (Reuters) – Unterhändler Israels und der radikal-islamischen Hamas haben am Montag in Ägypten indirekte Verhandlungen über ein Ende des Gaza-Krieges aufgenommen.

Die Gespräche im Badeort Scharm el-Scheich finden auf Grundlage des 20-Punkte-Plans von US-Präsident Donald Trump statt, dessen Grundprinzipien beide Seiten jüngst zugestimmt haben. Die US-Regierung hofft auf die schnelle Übergabe der noch verbliebenen Geiseln und ein Ende der Kämpfe, deren Beginn sich am Dienstag zum zweiten Mal jährt. Im Mittelpunkt stehen aber strittige Fragen wie ein israelischer Truppenabzug und eine Entwaffnung der Hamas. Unter anderem an diesen Punkten waren frühere Vermittlungsversuche gescheitert.

Die Hamas-Delegation wird von Chalil al-Haja angeführt, dem im Exil lebenden Chef der islamistisch-militanten Palästinenser-Gruppe. Für Israel nehmen Vertreter der Geheimdienste Mossad und Schin Bet sowie Berater von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teil. Der Chefunterhändler, der Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, wird nach israelischen Angaben aber erst im Lauf der Woche erwartet.

Bundesaußenminister Johann Wadephul hält sich derzeit in der Region auf und wollte nach einer Visite in Israel weiter nach Ägypten reisen. Am Nachmittag sagte er in Tel Aviv, die erste Phase des US-Plans müsse spätestens Anfang kommender Woche abgeschlossen sein. Sie ziele auf eine Waffenruhe, die Freilassung der Geiseln und die Lieferung von Hilfsgütern. Alle anderen Fragen seien dagegen sehr kompliziert und bräuchten Zeit. Zugleich betonte er aber: “Jetzt ist Hamas am Zug.” Auch Israel müsse Kompromisse eingehen. Dies gelte aber nicht, was Israels Sicherheit angehe. Das sei eine der Lehren aus dem Hamas-Massaker vom 07. Oktober 2023.

Trump forderte ein schnelles Vorgehen. “Wie ich höre, soll die erste Phase diese Woche abgeschlossen sein, und ich fordere alle auf, sich zu beeilen”, schrieb er auf einer Social-Media-Plattform. Trump hat Israel aufgefordert, seine Bombenangriffe für die Dauer der Gespräche auszusetzen. Laut Gaza-Bewohnern hat Israel seine Offensive zwar deutlich zurückgefahren, aber nicht vollständig eingestellt. Die von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden in Gaza meldeten 19 Tote durch Angriffe Israels in den vergangenen 24 Stunden. Dies ist etwa ein Drittel der täglichen Opferzahlen der vergangenen Wochen.

“WENN NICHT LÄNGER”

Ein mit den Gesprächen vertrauter Insider sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er erwarte keine schnelle Einigung. “Die Verhandlungen werden mindestens einige Tage, wenn nicht länger dauern.” Ziel sei es, ein umfassendes Abkommen mit allen Details auszuarbeiten, bevor eine Waffenruhe umgesetzt werden könne. Zwar hätten beide Seiten den Grundlagen des Trump-Plans zugestimmt, nun gehe es aber um die Details. Ein zentraler Streitpunkt dürfte die israelische Forderung nach einer Entwaffnung der Hamas sein. Dies lehnt die Gruppe ab, solange die israelische Besatzung andauert und kein palästinensischer Staat gegründet ist, wie es aus Hamas-Kreisen hieß.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Gründung eines Palästinenser-Staates wiederholt ausgeschlossen. Schwierige Themen sind auch der Zeitplan für einen Truppenabzug Israels und die künftige Verwaltung des Gazastreifens. In Israel steht Netanjahu innenpolitisch unter doppeltem Druck. Einerseits fordern Familien der Geiseln und eine kriegsmüde Öffentlichkeit ein Ende der Kämpfe. Andererseits drohen rechtsextreme Koalitionspartner wie Finanzminister Bezalel Smotrich und Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir damit, die Regierung zu stürzen, sollte der Krieg gegen die Hamas beendet werden.

Oppositionsführer Jair Lapid sicherte der Regierung hingegen politische Unterstützung zu, um einen Erfolg des Abkommens zu ermöglichen. Man werde nicht zulassen, dass die Hardliner “das Abkommen torpedieren”. Auch die Zivilbevölkerung im Gazastreifen hofft auf eine Ende der Kämpfe. “Wenn es eine Einigung gibt, überleben wir. Wenn nicht, ist es, als wären wir zum Tode verurteilt worden”, sagte die 20-jährige Gharam Mohammad, die mit ihrer Familie vertrieben wurde.

Der Krieg begann mit dem von der Hamas angeführten Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023. Dabei wurden israelischen Angaben zufolge rund 1200 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Von den verbliebenen 48 Geiseln sollen noch 20 am Leben sein. Bei der anschließenden und bis heute andauernden Militäroffensive Israels im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben bislang mehr als 67.000 Menschen getötet worden, die meisten davon Zivilisten. Weit mehr als 100.000 Menschen wurden verletzt. Die Wohngebäude und die Infrastruktur des Küstenstreifens mit seinen einst 2,3 Millionen Bewohnern wurde weitgehend zerstört.

(Bearbeitet von Alexander Ratz, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

tagreuters.com2025binary_LYNXNPEL950S0-VIEWIMAGE