Berlin (Reuters) – Die deutsche Wirtschaft fordert von der Bundesregierung eine grundlegende Neuausrichtung ihrer Afrikapolitik.
Angesichts geopolitischer Spannungen und kritischer Rohstoffabhängigkeiten sei eine entschlossene “Afrikawende” nötig, heißt es in einem Forderungskatalog der Subsahara-Afrika-Initiative der Deutschen Wirtschaft (SAFRI), der der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorlag. “Afrika ist nicht nur ein Markt für die Zukunft, sondern ein Partner für unsere wirtschaftliche Resilienz”, sagte der SAFRI-Vorsitzende Thomas Schäfer. “Wenn wir es ernst meinen mit Diversifizierung, Rohstoffsicherheit und neuen Wachstumsfeldern, müssen wir jetzt handeln.”
Für die Transformation der Wirtschaft seien Rohstoffe wie Lithium, Kupfer oder Kobalt unverzichtbar. SAFRI fordert daher rechtlich bindende strategische Rohstoffabkommen mit afrikanischen Partnern. Ziel sei es, Lieferketten gezielt breiter aufzustellen, um Abhängigkeiten von einzelnen Ländern – vor allem China – zu reduzieren. “Bereits heute führen Exportstopps aus China zu Produktionsrückgängen in Deutschland und gefährden somit auch den europäischen Industriestandort”, heißt es in dem Papier. Deutschland habe 2014 noch 18 Prozent seiner Lithium-Akkumulatoren aus China importiert, 2024 seien es bereits 50 Prozent gewesen.
Ein zentrales Hindernis für deutsche Unternehmen bleibe jedoch die Finanzierung. Staatliche Garantien wie Hermes-Deckungen müssten besser an die Realität der afrikanischen Märkte angepasst und Selbstbehalte der Firmen gesenkt werden.
AFRIKA ALS PARTNER STATT NUR LIEFERANT
Um Investitionen zu fördern, fordert die Initiative eine Stärkung der Afrikanischen Freihandelszone (AfCFTA) und die Umsetzung von EU-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen. Afrika solle nicht nur Lieferant werden, sondern Partner in der industriellen Entwicklung. “Wir dürfen Afrika nicht länger nur durch die Brille von Risiko und Entwicklungshilfe betrachten”, betonte Volkswagen-Manager Schäfer. “Es geht um einen partnerschaftlichen Ansatz – mit Chancen für beide Seiten.”
Als weiteren Wachstumsmotor sieht die Initiative die Digitalisierung. Die Bundesregierung solle den Ausbau digitaler Infrastruktur in den Fokus rücken, um Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Smart Farming vor Ort zu ermöglichen. “Wer heute in Afrika investiert, sichert nicht nur neue Märkte, sondern gestaltet die Zukunft unserer Industrie”, erklärte Schäfer.
SAFRI wird getragen vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft, dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) und der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK).
(Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Kerstin Dörr – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)