Trotz Streit um Losverfahren Signale für Einigung auf Wehrdienstgesetz

Berlin (Reuters) – Trotz jüngster Differenzen zeigen sich Spitzenvertreter der schwarz-roten Koalition optimistisch, dass das Wehrdienstgesetz bald beschlossen wird. “Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir rechtzeitig zu einem nötigen Inkrafttreten am 1. Januar durchkommen”, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius am Sonntag im ZDF. Auch Kanzleramtschef Thorsten Frei geht davon aus, dass bald ein Wehrdienstgesetz steht. Er sei sich ganz sicher, dass es zügig zu einem Ergebnis kommen werde, sagte er der ARD. Denn die Zeit dränge und die Gefahren von außen seien groß: “Das werden wir gemeinsam hinkriegen”, betonte der CDU-Politiker.

Zugleich spielte Frei die Meinungsverschiedenheiten über ein mögliches Losverfahren zu einer verpflichtenden Musterung bei fehlenden Rekruten herunter. Dass Schwarz-Rot “manchmal auch streitig unterwegs” sei, sei kein Nachteil in einer Demokratie. “Davon lebt sie.” Pistorius sagte zu den Streitigkeiten, dies sei “kein Ruhmesblatt” gewesen. Es sei jedoch kein größerer Schaden entstanden, auch wenn das Ansehen der Koalition an diesem Punkt gelitten habe, räumte der SPD-Politiker ein.

Die Bundesregierung hatte am Mittwoch betont, dass sie am Ziel festhält, dass das neue Wehrpflichtgesetz noch 2025 beschlossen wird. Unions- und SPD-Fraktion müssen noch klären, wie der Mechanismus bei einem Übergang von Freiwilligkeit zu einem verpflichtenden Wehrdienst aussehen soll. Unions-Fraktionsvize Norbert Röttgen hat das mit SPD-Unterhändlern erarbeitete Konzept eines Los-Verfahrens zu einer verpflichtenden Musterung verteidigt, wenn Rekruten fehlen.

Pistorius hatte es als “faulen Kompromiss” abgelehnt. Er sagte nun im ZDF, dass er als Verteidigungsminister mit Teilen des Kompromisses nicht einverstanden gewesen sei. “Dass das dann so eskaliert und dann so viel Wirbel auslöst, hat keiner von uns gewollt.” Deswegen gelte es nun, schnell zur Tagesordnung überzugehen.

Die Unionsvertreter machten jüngst im Bundestag deutlich, dass sie das gemeinsam mit den SPD-Fachleuten erstellte Konzept für die Beratung des Gesetzes weiter als Grundlage ansehen: Bei fehlenden Freiwilligen soll demnach eine vom Ministerium festgelegte Menge ausgelost und verpflichtend gemustert werden. Frei sagte zum Losverfahren: “Ich verstehe, dass das absolut diskussionswürdig ist.”

(Bericht von Reinhard Becker. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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