Frankfurt (Reuters) – Anleger an den europäischen Aktienmärkten haben am Donnerstag etliche Firmenbilanzen verdauen müssen.
Belastet von einem Kursrutsch beim Index-Schwergewicht SAP verlor der Dax am Vormittag 0,4 Prozent auf 24.064 Punkte, während der EuroStoxx50 mit 5648 Zählern 0,2 Prozent im Plus lag.
Eher enttäuschende Zahlen von Konzernen wie Netflix oder Tesla weckten Befürchtungen, dass die Messlatte für diese Berichtsaison vielleicht doch etwas zu hoch liegen könnte, fasste Stratege Jürgen Molnar von RoboMarkets zusammen. Analysten bewerteten auch die Bilanz von SAP als durchwachsen: So konnte der Walldorfer Softwarekonzern das hohe Wachstumstempo der zukunftsträchtigen Cloud-Sparte im dritten Quartal nicht ganz halten, schlug sich beim operativen Gewinn aber besser als erwartet. Die Aktien fielen nach anfänglichen Gewinnen um 2,5 Prozent ans Dax-Ende.
ÖLPREISE STEIGEN WEGEN RUSSLAND-SANKTIONEN STARK AN
Die Sorge vor Lieferengpässen nach neuen US-Sanktionen gegen Russland trieb die Ölpreise um mehr als drei Prozent nach oben. Grund ist, dass indische Raffinerien ihre Käufe von russischem Öl überprüfen, nachdem die USA wegen des Ukraine-Konflikts Sanktionen gegen die großen russischen Anbieter Rosneft und Lukoil verhängt hatten.
Im Sog dessen legten die Aktien europäischer Energiekonzerne zu. Der Branchenindex gewann 2,5 Prozent. Die Papiere von BP und Shell verteuerten sich um je knapp drei Prozent. Die Titel von Aker BP und Equinor stiegen um rund vier Prozent. Für den Gesamtmarkt sahen Strategen hingegen Risiken. “Ein deutlicher Anstieg des Ölpreises wäre ein zusätzlicher Gegenwind für die hoch bewerteten Aktienmärkte”, sagte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners.
RÜSTUNGSSEKTOR STARK – DASSAULT MIT KURSSTURZ
Für Unterstützung an den Börsen sorgten Kursgewinne bei Rüstungswerten. Aktien von Rheinmetall, Hensoldt und Renk lagen zwischen zwei und drei Prozent im Plus. Fester notierten auch Airbus, Thales und Leonardo, die die Gründung eines neuen europäischen Satellitenkonzerns besiegelt hatten.
Rund zwölf Prozent aufwärts ging es im SDax für Atoss Software. Der Münchner Spezialist für Personalplanungs-Software schraubte seine operativen Gewinnerwartungen nach oben. Eine gesenkte Umsatzprognose von Dassault Systemes vergraulte die Anleger. Die Papiere brachen um rund 15 Prozent ein – damit drohte der schlimmste Tagesverlust seit 23 Jahren.
KI-FANTASIE TREIBT NOKIA – TESLA-GEWINNE ENTTÄUSCHEN
Die Papiere des finnischen Netzwerkausrüsters Nokia sprangen um zehn Prozent auf den höchsten Stand seit Februar 2022. Die starken Quartalszahlen zeigten, dass Nokia von den Investitionen in KI-Rechenzentren profitiere, kommentierten die Analysten von Jefferies. Konzernchef Justin Hotard zufolge treibt KI einen langfristigen Wachstumstrend, der dem Internet-Boom der 1990er Jahre ähnelt. An den Märkten wachsen allerdings Bedenken, dass es eine Spekulationsblase geben könnte.
Unter Druck standen die Aktien von Tesla, die im vorbörslichen US-Geschäft drei Prozent abgaben. Der Gewinn des Elektrofahrzeugherstellers blieb hinter den Erwartungen zurück. “Die Auslieferungen lagen auf Rekordniveau, aber Tesla ist kein klassischer Autokonzern mehr. Die hohen Investitionen in Robotik und KI müssen sich eher früher als später auszahlen”, sagte Analyst Neil Wilson von Saxo Markets.
(Bericht von Anika Ross. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)