Schweizer Notenbank veröffentlicht erstmals Zinssitzungs-Protokoll

Zürich (Reuters) – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat erstmals einen Bericht zu einer geldpolitischen Sitzung veröffentlicht.

Darin führte die Zentralbank aus, wieso sie einen Leitzins von null Prozent für angebracht hielt. “Die Inflationsprognose und die Wirtschaftsaussichten sprechen dafür, die Geldpolitik nicht zu ändern”, hieß es in der am Donnerstag veröffentlichten Zusammenfassung der Sitzung vor dem Zinsentscheid vom 25. September.

In einer Abkehr von der langjährigen Praxis hatte die SNB Anfang September angekündigt, in Zukunft jeweils vier Wochen nach den vierteljährlichen Zinsentscheidungen Zusammenfassungen der Diskussionen des erweiterten Direktoriums zu veröffentlichen. Damit will die SNB für mehr Klarheit und Glaubwürdigkeit sorgen. Die SNB folgt damit dem Beispiel anderer großer Zentralbanken wie der US-Notenbank Fed, der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bank of England, die bereits Sitzungsprotokolle veröffentlichen.

Das sechsseitige SNB-Dokument fasst die Analyse und Entscheidung der sogenannten Geldpolitischen Lagebeurteilung vom 23. und 24. September zusammen, an der neben dem dreiköpfigen Direktorium auch die stellvertretenden Mitglieder des Direktoriums und eine Reihe von Experten beteiligt waren. Wer welche Position bezog, geht aus der Zusammenfassung nicht hervor. Den eigentlichen Zinsentscheid fällte das Direktorium um Präsident Martin Schlegel.

Dabei sah die SNB nach sechs Zinssenkungen in Folge von einer weiteren geldpolitischen Lockerung ab. Die Notenbank bekräftigte damals zudem ihre Inflationsprognose und rechnet 2025 mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 0,2 Prozent, im kommenden Jahr mit 0,5 Prozent und 2027 mit 0,7 Prozent.

Gemäß der Zusammenfassung der Diskussion liegen die mittel- und langfristigen Inflationserwartungen weiterhin im Bereich der Preisstabilität, die die Notenbanker mit Werten in einer Spanne von null bis zwei Prozent gleichsetzen. Die Erhöhung der US-Zölle wirke sich nur auf einen Teil der Wirtschaft direkt aus, und es gebe derzeit kaum Anzeichen, dass die negativen Effekte von betroffenen exportorientierten Branchen auf andere Teile der Wirtschaft übergriffen. Allerdings sei die Unsicherheit bezüglich der weiteren konjunkturellen Entwicklung der Schweiz hoch. “Angesichts des schwachen Inflationsdrucks und der leicht eingetrübten Wirtschaftsaussichten trägt die expansive Geldpolitik dazu bei, dass die Inflation gemäß der bedingten Inflationsprognose in den nächsten Quartalen ansteigen wird, und unterstützt das Wirtschaftswachstum”, hieß es.

Ökonomen interpretierten das Dokument als Hinweis, dass die SNB gegenwärtig nicht in Betracht ziehe, den Leitzins wieder in den negativen Bereich zu drücken. “Sofern keine größeren Schocks eintreten, ist es sehr wahrscheinlich, dass der derzeitige Status quo mit einem Leitzins von null Prozent das wahrscheinlichste Szenario bleibt”, sagte Gero Jung, Leiter Anlagestrategie bei der Walliser Kantonalbank.

(Bericht von John Revill und Oliver Hirt. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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