Bundeseigene Agentur: Deutschland vor Rekorddefizit im Handel mit China

Berlin (Reuters) – Deutschland steuert auf ein Rekorddefizit im Handel mit China zu: Nach Prognose der bundeseigenen Fördergesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) werden die Importe aus China den Wert der dorthin exportierten Waren in diesem Jahr um rund 87 Milliarden Euro übertreffen.

Das wären etwa 20 Milliarden Euro mehr als 2024. Das bislang höchste Handelsdefizit aus dem Jahr 2022 von gut 84 Milliarden Euro würde damit übertroffen.

“Das ist ein Missverhältnis, das liegt sicherlich nicht in unserem Interesse”, sagte die stellvertretende GTAI-Ostasien-Direktorin Christina Otte am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. “Es kommt zustande, weil unsere Exporte schwächeln und wir gleichzeitig mehr aus China importieren.”

So dürften die deutschen Ausfuhren in die Volksrepublik in diesem Jahr um mehr als elf Prozent auf etwa 80 Milliarden Euro einbrechen. “China rutscht als Abnehmermarkt ab. In diesem Jahr dürfte die Volksrepublik hinter Italien nur noch auf Platz sechs landen”, sagte Otte. Noch vor wenigen Jahren habe sie auf Platz zwei hinter den USA gelegen. “Es läuft nicht rund in der chinesischen Binnenwirtschaft”, nannte Otte einen Grund dafür. “Dazu kommt, dass immer mehr deutsche Unternehmen vor Ort produzieren.”

“CHINESEN DRÄNGEN VERMEHRT NACH EUROPA”

Dazu kommt, dass immer mehr chinesische Waren in Deutschland landen – wohl auch als Folge hoher US-Zölle. “Wir sehen hier Umlenkungseffekte”, sagte Otte. “Wegen der hohen US-Zölle verliert der dortige Markt an Bedeutung. Die chinesischen Exporteure drängen nun vermehrt nach Europa.” Chinas Exportdaten von Januar bis September zeigten, dass die Ausfuhren in die Vereinigten Staaten um 17 Prozent eingebrochen seien. Die nach Europa legten dagegen um acht Prozent zu, die nach Deutschland allein sogar um elf Prozent.

Germany Trade & Invest rechnet für das zu Ende gehende Jahr mit einem Anstieg der deutschen Importe aus China um mehr als sechs Prozent auf rund 167 Milliarden Euro. Das Reich der Mitte bliebe damit mit Abstand Deutschlands wichtigstes Importherkunftsland. Getrieben werde das Wachstum vor allem durch die höhere Nachfrage nach Elektrotechnik, Textilien und Bekleidung, Maschinen, Metallwaren und chemische Erzeugnisse. Allein von Januar bis August 2025 habe sich der deutsche Bezug von Elektrotechnik aus China um 2,2 Milliarden Euro erhöht, der Textilien und Bekleidung um 1,5 Milliarden Euro und Maschinen um 1,2 Milliarden Euro. Zu den Warengruppen mit dem stärksten Wachstum zählten Lithium-Ionen-Akkumulatoren, Spielekonsolen, Schuhe, Kleinsendungen, Kfz-Teile, elektronische Schaltungen, Haushaltsgeräte sowie Arzneiwaren.

“Bei den Elektroautos ist der Anstieg gar nicht so stark”, sagte GTAI-Expertin Otte. “Hier spielen die EU-Ausgleichszölle sicherlich eine Rolle. Wir sind noch kein wichtiger Markt für chinesische Autohersteller.” Die Europäische Union (EU) hatte im vergangenen Jahr hohe Einfuhrzölle für chinesische Elektrofahrzeuge eingeführt. Begründet wurde diese Maßnahme mit einer “unfairen Subventionierung”, durch die europäische Hersteller “wirtschaftlich geschädigt werden”.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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