Norwegen setzt ethisch begründete Verkäufe seines Staatsfonds aus

Oslo (Reuters) – Das norwegische Parlament hat die ethisch begründeten Verkäufe von Unternehmensanteilen aus seinem Staatsfonds vorübergehend ausgesetzt.

Während der rund einjährigen Pause sollen die Richtlinien des 2,1 Billionen Dollar schweren weltgrößten Staatsfonds grundlegend überarbeitet werden, wie Finanzminister Jens Stoltenberg am Dienstag im Parlament in Oslo sagte. Der Schritt erfolgt angesichts internationaler Kritik, insbesondere aus den USA. Das Außenministerium in Washington hatte sich im September “sehr beunruhigt” über die Entscheidung des Fonds gezeigt, sich von Anteilen am Baumaschinenhersteller Caterpillar zu trennen. Grund war der Einsatz von Produkten des Unternehmens durch israelische Behörden im Gazastreifen und im besetzten Westjordanland.

“Die Welt hat sich verändert, seit die ethischen Richtlinien erstmals verabschiedet wurden”, sagte Stoltenberg. “Die Regeln müssen überprüft werden.” Diese stammen aus dem Jahr 2004 und verbieten unter anderem Investitionen in Unternehmen, die an schweren Menschenrechtsverletzungen in Kriegs- oder Konfliktsituationen beteiligt sind. Ein unabhängiges Ethikgremium untersucht Vorwürfe und gibt Empfehlungen für den Verkauf von Anteilen ab. Die letztendliche Entscheidung trifft der Vorstand der Zentralbank. Diese Empfehlungen werden nun für die Dauer der Überprüfung auf Eis gelegt.

Stoltenberg begründete die Eile mit dem Schutz des Fonds, der inzwischen 25 Prozent der norwegischen Staatsausgaben finanziert. Ein erheblicher Teil seines Wertes sei von einer Handvoll Unternehmen abhängig. “Die sieben wertvollsten Unternehmen der Welt machen 16 Prozent der Aktienbestände des Fonds aus”, sagte Stoltenberg mit Verweis auf Konzerne wie Nvidia, Microsoft und Apple. “Nach den heutigen ethischen Richtlinien müssen wir darauf vorbereitet sein, dass wir möglicherweise nicht mehr in die größten Unternehmen der Welt investieren können. Dann wären wir kein breit aufgestellter, globaler Indexfonds mehr.”

Die Entscheidung ist innenpolitisch höchst umstritten. Die drei Parteien, auf deren Unterstützung die Minderheitsregierung der Arbeiterpartei angewiesen ist, verurteilten den Vorschlag. Die Sozialistische Linke warf der Regierung vor, aus Angst vor den USA zu handeln. “Dies geschieht ohne Zweifel aus Angst vor den Reaktionen Trumps”, sagte die Abgeordnete Ingrid Fiskaa. Im jüngsten Wahlkampf war die Investitionspolitik des Fonds in Israel ein zentrales Thema.

(Bericht von Gwladys Fouche, geschrieben von Rene Wagner, redigiert von Sabine Ehrhardt – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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