Wadephul in Sarajevo: Westbalkan-Staaten müssen weiter reformieren

Berlin/Sarajevo (Reuters) -Bundesaußenminister Johann Wadephul hat die Aussicht der Westbalkan-Staaten auf einen EU-Beitritt unterstrichen, zugleich aber weitere Reformen angemahnt. “Die sechs Länder des westlichen Balkan gehören untrennbar zur europäischen Familie”, erklärte Wadephul am Sonntag in Berlin vor seinem Besuch in der Region. “Deutschland unterstützt sie dabei, ihren Weg Richtung EU engagiert und ambitioniert zu gehen – bilateral, im Rahmen der EU und des Berlin-Prozesses.” Wadephul will bis Dienstag Station in allen sechs Ländern machen.

Am Sonntag führte Wadephul Gespräche in Bosnien-Herzegowina. Nach seiner Ankunft in Sarajevo traf Wadephul am frühen Abend mit dem Hohen Vertreter für Bosnien und Herzegowina, Christian Schmidt, zusammen. Schmidt, ehemals Bundeslandwirtschaftsminister und CSU-Mann, nannte den Besuch des deutschen Außenministers ein “starkes Signal” für das Land. Wadephul betonte, für eine Aufnahme in die EU müssten alle Kriterien erfüllt sein. “Der Beitrittsprozess ist und bleibt leistungsbasiert.” Damit verbunden seien “tiefgreifende, oft auch schwierige Reformen, an ihnen führt aber kein Weg vorbei, auch keine Abkürzung”.

In Bosnien haben zuletzt die Spannungen mit der serbischen Republika Srpska wieder zugenommen, in der die regierende Partei eine Abspaltung anstrebt. In ihrem jüngsten Fortschrittsbericht von Anfang November hatte die EU-Kommission kritisiert, die Spannungen hätten den Beitrittsprozess untergraben. “Um die Beitrittsverhandlungen wirksam aufnehmen zu können, müssen die Behörden zunächst die Gesetze zur Justizreform in voller Übereinstimmung mit den europäischen Standards fertigstellen und verabschieden sowie einen Verhandlungsführer ernennen”, schrieb die Brüsseler Behörde.

“AUTORITÄRE STAATEN WIE RUSSLAND”

Am Montag will der Minister nach Montenegro, Albanien und Serbien weiterreisen, am Dienstag folgen dann Visiten im Kosovo und Nordmazedonien. In der serbischen Hauptstadt Belgrad ist auch ein Treffen mit Präsident Aleksandar Vucic geplant. “Erstmals seit geraumer Zeit besteht die realistische Chance, dass der Beitrittsprozess entscheidend vorankommt”, betonte Wadephul. “Die berechtigten Erwartungen vieler Menschen in der Region sind hoch, dass sich intensive Anstrengungen auf diesem Weg auszahlen – wie es der leistungsbasierte Ansatz vorsieht.”

In ihrem jüngsten Fortschrittsbericht hatte die EU-Kommission vor allem Albanien und Montenegro für deren Reformen ausdrücklich gelobt. Kritisch äußerte sich die Brüsseler Behörde vor allem über den politischen Kurs in Serbien und im Kosovo. “Gerade unsere Nato-Verbündeten Montenegro und Albanien haben zuletzt wichtige Fortschritte gemacht, andere Länder müssen teils noch deutlich nachziehen”, erklärte auch Wadephul. “Wer Teil dieser Rechtsgemeinschaft und dieses Wirtschaftsraums werden will, muss Verantwortung übernehmen – auch wenn dies schwierige Schritte verlangt”, betonte er. “Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung und die Wahrung der Grundrechte sind dabei nicht verhandelbar.”

Zugleich mahnte der Minister, die Länder des westlichen Balkans dürften sich “trotz aller Desinformations- und Manipulationsversuche autoritärer Staaten wie Russland nicht vom eingeschlagenen Kurs abbringen lassen”. Es sei im Interesse der Europäischen Union, “dass die Region nicht den Kräften überlassen wird, die unsere Demokratien destabilisieren wollen”.

(Bericht von Alexander Ratz, redigiert von Jörn Poltz.Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)

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