Brüssel (Reuters) – Im Streit mit Ungarn über Menschenrechte und demokratische Standards erhöht die EU-Kommission den Druck auf die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban.
Die Brüsseler Behörde entschied sich am Freitag für eine Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Zusammenhang mit Ungarns umstrittenem Gesetz zum Umgang mit Homosexuellen und Transgender. Das Gesetz diskriminiere Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität, erklärte die Kommission zur Begründung. Eine zweite Klage vor dem EU-Gericht in Luxemburg soll Ungarns Verweigerung einer Sendelizenz für den regierungskritischen Sender Klubradio ins Visier nehmen.
Ministerpräsident Orban hat sich wiederholt gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT) ausgesprochen. Ungarn hatte vergangenes Jahr ein Gesetz in Kraft gesetzt, nach dem Informationen über Homosexualität und Transgender in Schulen zensiert werden. Das Gesetz wird von der EU-Kommission, anderen Ländern sowie von Menschenrechtlern und in der ungarischen Opposition kritisiert. Orban hatte erklärt, nur Ungarn selbst könne entscheiden, wie Kinder in dem Land erzogen und gebildet würden. Der seit 2010 mit der rechtskonservativen Partei Fidesz regierende Politiker steht in der EU auch wegen seines Umgangs mit der Justiz und den Medien in der Kritik.
“Wir gehen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln gegen Angriffe auf unabhängige Medien vor”, sagte die EU-Kommissarin für Werte und Transparenz, Vera Jourova. Das nur noch online präsente Klubradio verlor vor gut einem Jahr seine Sendelizenz. Die Klage der EU-Kommission bezieht sich darauf, dass ein Antrag auf eine neue Lizenz verweigert wurde. Beim Entzug der Sendelizenz hatte die Regierung in Budapest erklärt, es gebe keine Probleme mit der Medienfreiheit. Der Sender sei nicht von der Regierung abgeschaltet worden.
EU GEHT AUCH IM KRAFTSTOFFSTREIT GEGEN UNGARN VOR
Auch im Streit über unterschiedliche Kraftstoffpreise für inländische und ausländische Fahrzeuge geht die EU-Kommission gegen Ungarn vor und leitete am Freitag rechtliche Schritte ein. Die Praxis, Fahrzeuge mit ausländischen Nummernschildern von vergünstigtem Tanken auszuschließen, sei unzulässig, erklärte Industriekommissar Thierry Breton. Ein derartiges Vorgehen störe den einheitlichen EU-Binnenmarkt als Mittel zur Bewältigung von Krisen und Instabilität. Angesichts hoher Spritpreise subventioniert Ungarn das Tanken, schließt aber unter anderem Lastwagen mit ausländischem Kennzeichen und mehr als 3,5 Tonnen Gewicht davon aus.