Frankfurt/Paris (Reuters) – EZB-Vizepräsident Luis de Guindos fordert die Verringerung staatlicher Hilfen zur Abfederung der Folgen durch die Energiekrise.
“Ein wichtiger Faktor für die künftigen Inflationsaussichten ist das Verhalten der Fiskalpolitik”, sagte der Stellvertreter von EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments in Brüssel. Da die Energiekrise nachlasse, sollten die Regierungen die entsprechenden Hilfen in abgestimmter Weise zurücknehmen. So lasse sich vermeiden, dass sich noch mehr Inflationsdruck aufbaue. Die EU-Kommission hatte am Mittwoch die EU-Länder dazu aufgerufen, bis zum Jahresende die Energiehilfen einzustellen.
Auch Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau schloss sich dem an. Regierungen hätten ebenfalls ihren Beitrag zur Bekämpfung der Inflation zu leisten, sagte das EZB-Ratsmitglied auf einer Finanzkonferenz in Paris. “Die Haushaltspolitik sollte sich anpassen und konsolidieren, indem sie zuallererst die Energiesubventionen abschafft”, merkte er an. Die EU-Kommission habe dies zurecht gefordert.
Wie EZB-Vize de Guindos in Brüssel weiter ausführte, wird die Europäische Zentralbank (EZB) in der Geldpolitik wie bisher datenabhängig vorgehen. So werde festgelegt, wie stark und wie lange die Zinsen in einem restriktiven Bereich gehalten werden sollen. Unter einem restriktiven Zins verstehen Volkswirte ein Niveau, mit dem eine Volkswirtschaft gebremst wird. Die EZB hat seit Juli 2022 die Schlüsselsätze bereits sieben Mal um insgesamt 3,75 Prozentpunkte angehoben. Von Reuters befragte Volkswirte erwarteten zuletzt, dass sie auf der nächsten Zinssitzung am 15. Juni die Zinsen erneut um einen viertel Prozentpunkt noch oben setzt.
SORGENKIND KERNINFLATION
Die Gesamtinflation im April werde zwar rasch sinken, sagte de Guindos. Dagegen erweise sich die sogenannte Kerninflation, in der die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise ausgeklammert sind, als viel hartnäckiger. “Der Grund liegt darin, dass sich die Treiber der Inflation wandeln, sich ändern.” Während es bislang Energiepreise und Angebotsengpässe gewesen seien, komme es nun mehr auf die Entwicklung der Löhne und Gewinnmargen an. Der Inflationsaspekt, der ihn persönlich am meisten beunruhige, sei die Teuerung bei Dienstleistungen. “Das ist etwas, was wir sehr scharf beobachten.”
Die Gesamtinflation in der 20-Ländergemeinschaft ist seit den Höchstständen im vergangenen Herbst inzwischen gesunken. Sie lag im April mit sieben Prozent aber immer noch deutlich über der EZB-Zielmarke von zwei Prozent. Die Kerninflation betrug 5,6 Prozent – das ist nur minimal niedriger als der im März erreichte Höchstwert von 5,7 Prozent.
(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Christian Rüttger; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)











