Weitere Corona-Hilfen geplant – Handel und Restaurants leiden

– von Christian Krämer und Rene Wagner

Berlin (Reuters) – Bund und Länder planen angesichts neuer Belastungen in der Coronavirus-Krise weitere Wirtschaftshilfen für besonders stark betroffene Branchen.

Vor allem der Einzelhandel befürchtet mitten im wichtigen Weihnachtsgeschäft hohe Einbußen, weil Ungeimpfte keinen Zugang zu Geschäften mehr bekommen sollen. Auch bei Restaurants zeichnen sich wieder Probleme ab, weil die Reservierungen zuletzt regelgerecht eingebrochen sind. Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verteidigte die schärferen Vorgaben im Einzelhandel als notwendig.

Der Eingriff sei vertretbar, weil sich jeder Bürger mittlerweile impfen lassen könne, sagte Scholz am Donnerstag in Berlin. Natürlich müssten die wirtschaftlichen Folgen für Unternehmen abgefedert werden. “Genau das ist vorgesehen.” Es sei geplant, viele Hilfen zu verlängern.

Unabhängig von den Inzidenzen sollen Ungeimpfte nur noch in Läden des täglichen Bedarfs dürfen. Die Kontrollen sollen die Betriebe übernehmen. In den Beschlüssen von Bund und Ländern zur Corona-Lage heißt es, es seien weitere Überbrückungshilfen für Unternehmen vorgesehen. Außerdem sollten Härtefallregelungen sowie Sonderhilfen für Messen, Kulturveranstaltungen und den Profisport bis ins nächste Jahr verlängert werden.

Finanz- und Wirtschaftsministerium teilten zusammen mit, die Sonderprogramme der staatlichen Förderbank KfW würden nun bis Ende April 2022 laufen, vier Monate länger. Damit könnten Unternehmen aller Branchen und Größen Kredite bekommen, um ihren Liquiditätsbedarf zu decken. Die Obergrenzen würden erneut angehoben. Es seien in der Corona-Krise bereits mehr als 52 Milliarden Euro an über 145.000 Firmen zugesagt worden.

Außerdem sollen die Überbrückungshilfen – also Erstattungen der Fixkosten – bis Ende März 2022 gelten, drei Monate länger als bisher vorgesehen. Sie sollen zudem großzügiger ausgestaltet werden. Besondere Unterstützung sollen Advents- und Weihnachtsmärkte bekommen. Beispielsweise sollen sie einen leichteren Zugang zu Eigenkapitalzuschüssen erhalten. Selbstständige sollen für Januar bis März jeweils bis zu 1500 Euro pro Monat als Zuschuss beantragen können.

“NICHT NACHVOLLZIEHBAR”

Scharfe Kritik kam vom Einzelhandelsverband HDE, der die 2G-Vorgabe mitten im Weihnachtsgeschäft nicht für nachvollziehbar und auch verfassungswidrig hält. Es gebe bereits eine Maskenpflicht und funktionierende Hygienekonzepte in den Läden, sagte HDE-Lobbyist Stefan Genth. Die Hoffnung auf einen versöhnlichen Abschluss in einem schwierigen Jahr mit Lockdowns sei nun zerstört. Mit dem Ausschluss von Ungeimpften (2G) müssten viele Betriebe mit Umsatzeinbußen von bis zu 50 Prozent rechnen. Denn Kontrollen und lange Schlangen vor Läden würden viele Kunden abschrecken. Der HDE forderte deswegen großzügigere staatliche Hilfen. Bei den Fixkosten-Zuschüssen sollten Anträge schon ab Umsatzeinbußen von 15 Prozent möglich sein statt bisher 30 Prozent.

Positiver äußerte sich Handwerks-Präsident Hans Peter Wollseifer. Es sei eine gute Botschaft, dass ein genereller Lockdown oder eine erneute Bundes-Notbremse vermieden werden sollten. “Das verschafft unseren Betrieben mehr Planbarkeit.”

Die verschärften Maßnahmen von Bund und Ländern im Kampf gegen die Corona-Krise machen eine Rezession wahrscheinlicher. “Die Ausdehnung der 2G-Regel auf den Einzelhandel wird faktisch rund 15 Prozent der Erwachsenen aus den Geschäften verbannen”, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer der Nachrichtenagentur Reuters. Vor schwierigen Zeiten stünden aber auch Restaurants, Hotels, Kneipen und andere Dienstleister. “Ich erwarte mehr denn je, dass die deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr schrumpfen wird”, so Krämer.

Im November seien die Umsätze von Hotels und Gaststätten gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 bereits um 34 Prozent eingebrochen, sagte Branchenvertreter Guido Zöllick. 2G-Plus-Regelungen – also Zugang nur für Geimpfte und Genesene mit negativem Test – würden für viele Cafes und Restaurants einem Lockdown gleichkommen. Hotels und Veranstalter könnten dies eher verkraften. Laut Daten der Reservierungs-App Open Table ließen sich zuletzt im Sieben-Tages-Schnitt knapp 30 Prozent weniger Gäste bewirten als vor Ausbruch der Pandemie. Das ist der stärkste Rückgang seit gut einem Jahr. Am 29. November gab es sogar einen Einbruch von 47 Prozent, am 30. November von 48 Prozent.

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