E.ON-Chef unterstützt Gaspipeline Nord Stream 2

– von Tom Käckenhoff

Düsseldorf (Reuters) – Im Streit um eine Inbetriebnahme der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 hat der Energiekonzern E.ON den Betreibern den Rücken gestärkt.

“Energiewirtschaftlich ist Nord Stream 2 hilfreich”, sagte E.ON-Chef Leonhard Birnbaum am Montagabend vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung Düsseldorf (WPV). Politisch könne die Bewertung anders ausfallen. “Das muss in der Politik dann diskutiert werden.” Russisches Gas werde weiter benötigt. Dies gelte insbesondere, wenn Deutschland mehr auf Gas setze, um die Kohlekraftwerke zu ersetzen. “Dann sollten wir nicht darüber nachdenken, wie wir das ohne russisches Gas machen.”

Die über 1200 Kilometer lange Doppelröhre soll Erdgas aus Sibirien nach Deutschland und in weitere europäische Märkte transportieren. Die USA und weitere Länder lehnen dies mit dem Argument ab, dass dadurch die Abhängigkeit von Russland und dem Staatskonzern Gazprom zunehme. Russland ist der größte Gaslieferant Deutschlands und Europas. Nord Stream 2 ist seit Monaten fertig, muss aber noch von der Bundesnetzagentur zertifiziert werden. Zu den Finanzinvestoren von Nord Stream 2 gehört die frühere E.ON-Kraftwerkstochter Uniper. E.ON ist an Nord Stream 2 nicht beteiligt, jedoch an der parallel laufenden Doppelröhre Nord Stream 1. Diese ist seit 2011/12 in Betrieb.

“GAS AUS NORD STREAM 2 NUR SCHWER ZU ERSETZEN”

Wenn Nord Stream 2 in Betrieb genommen würde, wäre dies gut für die Gaspreise, sagte Birnbaum. Diese sind in den vergangenen Monaten drastisch in die Höhe geschossen. “Ich glaube, es ist grundsätzlich eine gute Idee, dass Thema Gas nicht zu politisieren”, betonte Birnbaum. Er hoffe, dass es trotz der momentanen Spannungen mit Russland am Ende ein vernünftiges Ergebnis geben werde. Russland sei seit 1974 ein verlässlicher Gaslieferant. In Europa gehe die Gas-Förderung in Großbritannien und den Niederlande zurück. Es sei daher wichtig, den Bezug auf eine breite Basis zu stellen.

Pipelinegas ist günstiger als verflüssigtes Erdgas (LNG), das mit Schiffen in alle Welt transportiert wird. “Wenn wir auf LNG angewiesen sind, werden die Gaspreise in Europa deutlich höher sein als in der Vergangenheit”, sagte Birnbaum. Zudem seien die möglichen Mengen überschaubar. Ein großer LNG-Tanker könne in etwa soviel Gas transportieren wie Nord Stream 1 an einem Tag. Nord Stream 2 sei daher schwer zu ersetzen.

Birnbaum hatte im vergangenen Jahr die Führung bei E.ON übernommen. Wichtigste Standbeine des Essener Konzerns sind das Netzgeschäft und der Vertrieb von Strom und Gas.

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