Berlin (Reuters) – Weitere Steuerentlastungen für Arbeitnehmer und Unternehmen zur Bekämpfung der Corona-Krise dürften die Einnahmen des Staats in den nächsten Jahren um rund elf Milliarden Euro drücken.
Das geht aus einem Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums für das vierte Corona-Steuerhilfegesetz hervor, der Reuters am Donnerstag vorlag und der in der Ampel-Koalition noch diskutiert wird. Die Grünen und die SPD meldeten bereits Vorbehalte an, während das FDP-geführte Finanzministerium mit einer zügigen Abstimmung rechnet.
“Menschen und Betriebe müssen in der Corona-Krise entlastet werden”, twitterte Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner. Deswegen werde jetzt ein Maßnahmenbündel auf den Weg gebracht. Es deckt sich weitgehend mit Verabredungen aus den Koalitionsverhandlungen zur Bildung der ersten Ampel-Regierung im Bund. Geplant ist, einen abgestimmten Gesetzentwurf am 16. Februar ins Kabinett zu bringen.
Mit dem Gesetz würden viele Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie verlängert und zum Teil noch ausgeweitet. Nicht enthalten in dem jetzigen Entwurf sind die sogenannten Superabschreibungen, mit denen die neue Regierung aus SPD, Grünen und FDP der Konjunktur einen Schub verleihen will. Sie sollen 2022 und 2023 Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung forcieren. Katja Hessel, parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, sagte Reuters, hier sei zeitnah ein eigener Gesetzentwurf geplant.
Teil des Steuerhilfegesetzes sind Corona-Boni von Arbeitgebern, etwa in Krankenhäusern. Sie sollen bis zu einem Betrag von 3000 Euro steuerfrei bleiben. Steuerliche Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld dürften um drei Monate bis Ende März 2022 verlängert werden. Die Homeoffice-Pauschale für Arbeitnehmer soll ein Jahr länger bis Ende 2022 gelten. Außerdem sollen frühere Gewinne besser mit aktuellen Verlusten verrechnet werden können. Dies soll bis Ende 2023 verlängert werden. “Für 2022 und 2023 wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf zehn Millionen Euro beziehungsweise auf 20 Millionen Euro bei Zusammenveranlagung angehoben.”
GRÜNE UND SPD SEHEN NOCH GESPRÄCHSBEDARF
FDP-Politikerin Hessel sagte, es gehe darum, gezielte Investitionsanreize für Unternehmen zu setzen. “Hier haben wir viel Nachholbedarf, damit unsere Wirtschaft die Krisenfolgen überwinden kann. Ich rechne mit einer zügigen Abstimmung des Gesetzesentwurfs in der Koalition.”
Die Grünen sehen noch Gesprächsbedarf beim teuersten Einzelpunkt, der Verlängerung degressiver Abschreibungen für bewegliche Wirtschaftsgüter. Die finanzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Katharina Beck, sagte Reuters: “Wir haben uns mit der Superabschreibung auf ein kluges Instrument für die Entlastung von Unternehmen geeinigt. Auch die degressive Afa fortzuführen, wie nun vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagen, würde den Haushalt mit knapp zehn Milliarden Euro über die nächsten vier Jahre zusätzlich belasten.” Es müsse geklärt werden, ob das in der Prioritätensetzung der richtige Schritt sei. Ähnlich äußerte sich der finanzpolitische Sprecher der SPD, Michael Schrodi.
Auf einen Zeitraum von zwölf Monaten gerechnet entgehen dem Staat durch die geplanten Maßnahmen 2,6 Milliarden Euro. Der größte Teil entfällt dabei auf den Bund mit 963 Millionen Euro. Für den Zeitraum 2022 bis 2026 kalkulieren die Experten des Finanzministeriums mit zusammen knapp elf Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen. Die größten Batzen werden dabei auf die Jahre 2023 und 2024 entfallen. Im Jahr 2026 werden erstmals positive Effekte der Maßnahmen auf die Einnahmen erwartet.
Allerdings waren die Steuereinnahmen von Bund und Ländern zuletzt wieder deutlich gestiegen. Im Vergleich mit dem ersten Corona-Krisenjahr 2020 legten sie 2021 um 11,5 Prozent auf knapp 761 Milliarden Euro zu. Darin spiegelte sich die Konjunkturerholung wider, teilweise erhöhte aber auch die hohe Inflation die Steuereinnahmen.