Rätselraten um russische Manöver – Scholz empfängt Macron

Kiew/Berlin (Reuters) – Die Krisen-Diplomatie um die Ukraine dreht sich auf Hochtouren – aber es gibt Verwirrung über mögliche russische Entspannungssignale.

Russland dementierte am Dienstag angebliche Zusagen an Frankreich, bis auf weiteres auf neue Manöver an der Grenze zur Ukraine zu verzichten. Die Berichte darüber seien falsch, sagte der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow, am Dienstag. Russland schickte zugleich sechs Kriegsschiffe aus dem Mittelmeer in das Schwarze Meer. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron reiste nach seinem Besuch in Moskau nach Kiew weiter und wird am Abend in Berlin erwartet.

Macron hatte sich zuversichtlich gezeigt, dass sein Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin dazu beiträgt, dass die Lage nicht weiter eskaliert. Er habe aber auch keine Fortschritte erwartet, sagte er. Die Visite des französischen Präsidenten diente auch der Vorbereitung eines Besuchs von Kanzler Olaf Scholz in der Ukraine und dann in Russland Anfang kommender Woche. Ziel sei es, dass der Westen Putin die klare, einheitliche Botschaft übermittele, dass ein Angriff auf die Ukraine einen hohen Preis fordern werde, hatte Scholz bei seinen Abstimmungen in Washington betont. US-Präsident Joe Biden hatte dabei unterstrichen, dass im Falle einer russischen Invasion das Ostsee-Pipeline-Projekt Nord Stream 2 tot sei. Der Kanzler erwähnte Nord Stream 2 nicht, sagte aber, dass man alle Sanktionen gemeinsam tragen werde.

Russland hat an der Ost-Grenze der Ukraine mittlerweile mehr als 100.000 Soldaten stationiert. Den Vorwurf des Westens, eine Invasion vorzubereiten, weist die Regierung in Moskau zurück. Stattdessen verlangt Russland von den USA und der Nato Sicherheitsgarantien wie etwa die Zusage, dass die Ukraine dem transatlantischen Militärbündnis nicht beitreten wird. Die Allianz lehnt dies ab. In dieser Gemengelage plant Russland ein gemeinsames Manöver mit Belarus vom 10. bis 20. Februar und hat zu diesem Zweck nach Angaben der Nato etwa 30.000 Soldaten in das Nachbarland verlegt. Es gibt Befürchtungen, dass diese nach der Militärübung nicht wieder abgezogen und in Belarus bleiben sollen. Belarus grenzt im Süden an die Ukraine. Kreml-Sprecher Peskow sagte am Dienstag aber, man plane nach dem Manöver einen Abzug der Truppen aus Belarus.

Wie die Nachrichtenagentur Interfax meldete, sind sechs russische Kriegsschiffe auf dem Weg vom Mittelmeer zu Übungen im Schwarzen Meer. Russland hatte zu Beginn des Jahres zahlreiche Marine-Manöver für Januar und Februar angekündigt.

In Rumänien sind nach Angaben von Verteidigungsminister Vasile Dancu die ersten US-Soldaten eingetroffen, die die Nato-Truppen an der Südostflanke Europas verstärken sollen. Die USA hatten angekündigt, 3000 zusätzliche Soldaten nach Rumänien und Polen zu entsenden.

BAERBOCK IN DER OSTUKRAINE

Außenministerin Annalena Baerbock besuchte das Krisengebiet in der Ostukraine, wo prorussische Separatisten Teile des Landes kontrollieren und dabei von Russland unterstützt werden. Baerbock sprach nach einem Besuch an der sogenannten Kontaktlinie in der Nähe von Mariupol von “sehr bedrückenden Bildern” und “sehr bedrückenden Gefühlen”. Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland könne nur diplomatisch gelöst werden, betonte die Ministerin. Wichtig sei, dass der Beobachtereinsatz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) vor Ort ihre Arbeit machen könne.

Zugleich müssten vor allem im Normandie-Format, in dem Deutschland und Frankreich zwischen Russland und der Ukraine vermitteln, Fortschritte erzielt werden, forderte Außenministerin. Nach französischen Insider-Angaben waren Putin und Macron übereingekommen, die diplomatischen Bemühungen im Normandie-Format zu intensivieren. Auch US-Präsident Biden hatte beim Antrittsbesuchs von Scholz im Weißen Haus am Montag die Bedeutung des Gesprächsformats betont. Die Normandie-Runden sind das einzige Gremium, in dem Russen und Ukrainer direkt miteinander reden.

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