Myanmars Ex-Regierungschefin Suu Kyi muss zwei Jahre in Haft

(Reuters) – Rund zehn Monate nach dem Militärputsch in Myanmar ist die damals gestürzte Regierungschefin Aung San Suu Kyi zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt worden.

Das Gericht habe die 76-Jährige in seinem ersten Urteil wegen Anstiftung zum Widerstand sowie wegen Verstößen gegen Corona-Auflagen für schuldig befunden, berichtete ein Prozessbeobachter am Montag. Ursprünglich wurde eine Haftstrafe von vier Jahren verhängt, die Militärführerschaft verkürzte diese auf zwei Jahre.

Der Friedensnobelpreisträgerin werden ein Dutzend weitere Vergehen wie Amtsmissbrauch, Geheimnisverrat und Korruption zur Last gelegt, auf die zusammen mehr als 100 Jahre Haft stehen. Suu Kyi weist die Vorwürfe zurück. Anhänger und Menschenrechtler sprechen von einem politisch motivierten Prozess.

“Die absurde und korrupte Entscheidung des Gerichts ist Teil eines zerstörerischen Systems von willkürlicher Bestrafung, durch das seit dem Militärputsch mehr als 1300 Menschen getötet und Tausende festgenommen wurden”, sagte die Regionalvertreterin von Amnesty International, Ming Yu Hah. Ziel des Verfahrens sei, die Opposition zu zerstören und Freiheiten im Keim zu ersticken.

Nach dem Militärputsch waren zusammen mit Suu Kyi auch die meisten führenden Politiker ihrer Partei, der Nationalen Liga für Demokratie (NLD), festgesetzt worden. Andere Parteigrößen halten sich im Ausland auf. Von der NLD war zunächst keine Äußerung zu dem Urteil zu bekommen.

VERBLEIB VON SUU KYI NACH URTEIL UNKLAR

Das Militär hat nicht bekanntgegeben, wo Suu Kyi seit dem Putsch festgehalten wird. Der TV-Sender MRTV berichtete, sie werde ihre Haftstrafe an diesem Ort absitzen. Dies deutet darauf hin, dass sie nicht ins Gefängnis geht. Das Militär reagierte vorerst nicht auf Bemühungen der Nachrichtenagentur Reuters um eine Stellungnahme. Der Prozess in der Hauptstadt Naypyitaw findet unter Ausschluss der Medien statt. Suu Kyis Anwälte dürfen sich öffentlich nicht äußern. Mit ihr wurde auch der entmachtete Präsident Win Myint zu vier Jahren Haft verurteilt.

Suu Kyi, die Tochter eines im früheren Birma gefeierten Unabhängigkeitshelden, hatte bereits zwischen 1989 und 2010 insgesamt rund 15 Jahre unter Hausarrest verbracht. Sie stand an der Spitze der Demokratiebewegung, die sich gegen das seit 1962 regierende Militär auflehnte. Im Jahr 2010 kam sie frei und führte ihre Partei fünf Jahre später an die Macht. Suu Kyi galt vielen als Menschenrechts-Ikone. Doch international litt ihr Ruf darunter, dass sie sich 2017 nicht der Vertreibung von Hunderttausenden Rohingya entgegenstellte und das Militär gegen Vorwürfe des Völkermords in Schutz nahm.

Am 1. Februar setzte das Militär die Regierung ab und nahm Suu Kyi fest. Es begründete den Schritt mit mutmaßlicher Fälschung der Parlamentswahl im November 2020, bei der Suu Kyis Partei mit einen erdrutschartigen Sieg wiedergewählt wurde. Die Wahlkommission und internationale Beobachter haben den Vorwurf des Wahlbetruges zurückgewiesen. Seit der Machtübernahme durch das Militär ist es immer wieder zu Massenprotesten gekommen, Streiks und Aktionen des zivilen Ungehorsams legen die Wirtschaft lahm.

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