DIW – Deutschland kann Abhängigkeit von russischem Gas bis 2030 stark senken

Berlin (Reuters) – Deutschland kann seine Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen in den kommenden Jahren dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge massiv senken.

“Wenn es in Deutschland gelingt, den Anteil der erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung bis 2030 auf 80 Prozent zu erhöhen, kann die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen deutlich vermindert werden”, sagte DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. “Dies ist machbar, erfordert aber ein noch schnelleres Vorgehen.” Der Anteil der erneuerbaren Energien an der gesamten Stromeinspeisung lag im Sommer 2021 dem Statistischen Bundesamt zufolge bei 43,1 Prozent. Deutschland importiert mehr als die Hälfte seines Gases per Pipeline aus Russland.

Zum einen müsse die Industrie nun schnellstmöglich zu dekarbonisiert werden – über eine Verbesserung der Energieeffizienz und den Einsatz von alternativen Energien anstelle Öl und Gas. Zudem müssten Gebäude noch viel schneller energetisch saniert werden. “Die Regierung sollte hier gezielte Wirtschaftshilfen voranbringen, um Gebäude schneller zu sanieren und die Industrie zu dekarbonisieren”, sagte Kemfert.

Steigende Öl und Gaspreise stellten eine erhebliche wirtschaftliche Belastung dar, könnten aber auch ein Treiber für die Energiewende sein. Nur durch den konsequenten Ausbau der Erneuerbaren, Sparen und forcierte Effizienzmaßnahmen im Industriebereich werde es gelingen, die Kosten zu dämmen. “Erneuerbare Energien wirken preissenkend”, sagte Kemfert. “Investitionen in die Energiewende mit mehr erneuerbaren Energien, mehr Elektromobilität auf Straße und Schiene, bessere Gebäudesanierung und eine dekarbonisierte Industrie schaffen enorme wirtschaftliche Chancen, Wertschöpfung und Arbeitsplätze.”

Die Eskalation in der Ukraine-Krise hat den Ölpreis zuletzt deutlich steigen lassen. Er kletterte angetrieben von der Furcht vor Engpässen am Rohölmarkt bis knapp unter die Marke von 100 Dollar pro Barrel und damit auf den höchsten Stand seit 2014. Auslöser für die Verunsicherung an den Finanzmärkten war das jüngste Vorgehen Russlands im Ukraine-Konflikt. Präsident Wladimir Putin hat ungeachtet der Warnungen des Westens nach der Anerkennung von Donezk und Luhansk als unabhängige Regionen die Entsendung von Soldaten in die Ost-Ukraine angeordnet. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte an, die Inbetriebnahme der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 auf Eis zu legen.

“Die Preise für fossile Energien werden weiter steigen – und damit die Energiekosten”, sagte Kemfert. “Erneuerbare Energien wirken preissenkend, auch die Investitionen in das Energiesparen senken die Kosten.”

tagreuters.com2022binary_LYNXMPEI1M09S-VIEWIMAGE