Berlin (Reuters) – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigt die geplanten Lockerung der Corona-Maßnahmen trotz weiter steigender Infektionszahlen.
Zwar sei die Lage bei den Neuinfektionszahlen “sehr beängstigend”, sagte der SPD-Politiker am Dienstag in der ARD. Aber bundesweite Regelungen etwa für die Maskenpflicht seien derzeit weniger angebracht, weil es keine Überlastung des Gesundheitssystems mehr gebe. Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP will deshalb an ihrem Plan festhalten, die für Bundesländer möglichen Corona-Maßnahmen ab dem 20. März deutlich zu reduzieren. Etliche Landesregierungen kündigten an, Maßnahmen über den – nach Lauterbachs Worten – “Basisschutz” hinaus beizubehalten.
Der Bundestag soll am Freitag der Novelle des Infektionsschutzgesetzes zustimmen. Eine Neuregelung ist notwendig, weil die bisherigen Regeln am Samstag auslaufen. Ohne Neuregelung wären dann gar keine Schutzmaßnahmen mehr möglich. Eingeschränkte Schutzmaßnahmen wie etwa eine Maskenpflicht an Schulen sollen in sogenannten Hotspots mit hohen Infektionszahlen weiter möglich sein. Die Länder sollen zudem bis Anfang April Zeit haben, neue Regelungen zu beschließen – oder können die alten solange beibehalten.
FDP POCHT AUF LOCKERUNGEN
Lauterbach kündigte an, dass Änderungen an der Novelle möglich seien. Er sei in Verhandlungen mit den Fraktionen. Die Grünen dringen etwa auf eine Maskenpflicht in Innenräumen, die FDP lehnt dies ab. “Eine großzügige Lockerung ist angesichts neuer Rekordwerte bei den Infektionszahlen schwer zu verantworten”, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete 198.888 Neuinfektionen. Das sind gut 42.000 Fälle mehr als am Dienstag vor einer Woche. Insgesamt liegt damit die Zahl der bestätigten Infektionen bei mehr als 17,4 Millionen. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 1585,4 von 1543,0 am Vortag und markierte erneut einen Höchstwert. Der Wert gibt an, wie viele Menschen sich innerhalb einer Woche mit dem Virus auf 100.000 Einwohnern infizieren. Den höchsten Wert verzeichnet Mecklenburg-Vorpommern mit 2267
283 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Lauterbach hatte vergangene Woche gesagt, dass Toten-Zahlen zwischen 200 und 300 nicht hinnehmbar seien. Die Zahl der Intensivpatienten mit dem Virus in Krankenhäusern stieg am Montag bei 2226.
BAYERN: KÖNNEN UNS LANDESWEIT ZUM HOTSPOT ERKLÄREN
Bayern schließt nicht aus, sich landesweit zum Hotspot zu erklären, um angesichts einer Inzidenz von mehr als 2000 Corona-Beschränkungen beibehalten zu können. Lauterbach sagte, dass dies möglich sei. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kritisierte in der “Süddeutschen Zeitung”, es sei extrem schwierig, auf Basis des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung gerichtsfeste Regelungen zu finden. Er sprach sich dafür aus, die Maskenpflicht beim Einkaufen über den 19. März hinaus beizubehalten.
Scharfe Kritik kam aus der Opposition: “Die geplante Hotspot-Regelung ist nichts als heiße Luft, denn keines der Kriterien für die Aktivierung ist klar definiert”, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CDU-Fraktion, Tino Sorge, der “Augsburger Allgemeinen”. “Wir werden in diesem Frühjahr einen Flickenteppich regionaler Regeln erleben.”