Anleger in Europa treiben vor Fed-Entscheid Erholung voran

Frankfurt (Reuters) – Vor der erwarteten Zinswende in den USA greifen die Anleger in Europa bei Aktien zu.

Der Dax kletterte am Mittwoch um bis zu 3,2 Prozent auf 14.368 Punkte; der EuroStoxx50 zog in der Spitze um 3,6 Prozent auf 3873 Zähler an. Von den Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine über eine Waffenruhe kämen positive Signale, sagte ein Händler. “Das ist sicher ein Treiber heute.”

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte, es werde in den Verhandlungen ernsthaft ein neutraler Status der Ukraine diskutiert. Einige Formulierungen einer Vereinbarung mit der Ukraine seien fast fertig. “An den Börsen wiegt die Hoffnung auf Frieden im Moment schwerer als die Angst vor einer weiteren Eskalation”, sagte Thomas Altmann, Portfolio-Manager vom Vermögensverwalter QC Partners.

Nach der Invasion Russlands in der Ukraine haben westliche Staaten Russland mit harten Sanktionen belegt. “Diese Sanktionen zeigen wahrscheinlich Wirkung und werden hoffentlich Druck auf beide Seiten ausüben, sich an den Verhandlungstisch zu setzen”, sagte Gregory Perdon, Investment-Experte bei der BankArbuthnot Latham. Die Invasion könne sich auch auf die Geldpolitik auswirken und das Tempo der Zinserhöhungen der Fed dämpfen.

FED IM RAMPENLICHT – RÜCKENWIND AUS CHINA

Bei Börsianern gelte ein Zinsschritt der Fed um 0,25 Prozent als ausgemacht, betonte Altmann. Im Fokus stünden daher Hinweise von Fed-Chef Jerome Powell zum weiteren Vorgehen in den kommenden Monaten. “Jede Überraschung kann entsprechend zu starken Bewegungen am Aktienmarkt führen”, sagte Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets.

Mit Blick auf die steigende Risikofreude der Anleger gerieten Staatsanleihen ins Hintertreffen. Im Gegenzug zogen die Renditen in der Eurozone an. Zehnjährige deutsche Bundesanleihen rentierten mit 0,388 Prozent und damit so hoch wie seit November 2018 nicht mehr.

Für zusätzlichen Rückenwind sorgte zudem die Aussicht auf konjunkturstützende Maßnahmen in China. Chinas Vize-Ministerpräsident Liu He kündigte an, dass die Regierung Schritte für die Kapitalmärkte und zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums ergreifen werde. “Die Hoffnung auf einen Wendepunkt bei den chinesischen Aktien beflügelt die globalen Aktien, und die Bedeutung Chinas für die Weltwirtschaft kann nicht unterschätzt werden”, sagte Roger Jones, vom Vermögensverwalter London & Capital.

Bei den Einzelwerten erholte sich der Technologie-Investor Prosus, der am chinesischen Technologiekonzern Tencent beteiligt ist, von seinem am Vortag erreichten Rekordtief und sprang an der Börse in Amsterdam um 20 Prozent nach oben. Der breit gefasste Techindex zog rund fünf Prozent an. Im Dax schob sich die in diesem Jahr stark gebeutelte Aktie des Kochbox-Versenders HelloFresh mit einem Plus von acht Prozent an die Dax-Spitze. Bei den Einzelwerten glänzte auch Software-Entwickler Nagarro mit einem Kursplus von acht Prozent nach überraschend starken vorläufigen Geschäftszahlen.

Dagegen hinkten die Aktien des Energiekonzerns E.ON dem allgemeinen Aufwärtstrend mit einem Kursplus von einem halben Prozent hinterher. In Bezug auf den Russland-Ukraine-Konflikt habe E.ON auf hohe Unsicherheiten bei der Einschätzung der Folgen auf den Geschäftsverlauf hingewiesen, konstatierten die Analysten von Jefferies. Risiken gebe es sowohl für die Rohstoffmärkte als auch für die Bewertung von Investitionen einschließlich der Gaspipeline Nord Stream 1.

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