Deutschland und Partner liefern Ukraine auch schwere Waffen

– von Andreas Rinke

Berlin (Reuters) – Deutschland und die westlichen Partner wollen der Ukraine auch schwere Waffen im Kampf gegen die russischen Invasionstruppen liefern.

Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte am Dienstag nach einer Schaltkonferenz mit westlichen Staats- und Regierungschefs an, dass man sich bei der Lieferung von Militärmaterial eng abstimme. Er verwies darauf, dass etwa die USA und die Niederlande nun auch Artillerie an die Ukraine liefern würden. “Wie werden helfen, dass das möglich ist”, kündigte Scholz an. In Regierungskreisen wurde darauf verwiesen, dass Deutschland dabei etwa Munition oder Ausbildung stellen könne. Die Bundeswehr verfüge außer bei Mörsern nicht über die nötige Anzahl etwa von Panzerhaubitzen, um sie selbst abgeben zu können.

“Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen”, bekräftigte Scholz das Ziel der aufgestockten westlichen Ausrüstungshilfe. Diese sei nötig, denn “der russische Angriffskrieg ist heute in neue Phase getreten”, fügte er mit Hinweis auf die verstärkten russischen Angriffe im Osten hinzu. Erneut sprach der Kanzler von russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine und forderte von Russland Präsident Wladimir Putin, den Krieg sofort zu beenden.

Scholz sagte, es gebe drei Wege, die Ukraine militärisch zu unterstützen. Weil die begrenzten Bestände der Bundeswehr keine große Abgabe von weiterem Militärmaterial erlaubten, habe man sich mit der Industrie und der ukrainischen Regierung zusammengesetzt, um zu sehen, was die Unternehmen liefern könnten. Die Regierung werde dies dann bezahlen. Um eine schnelle Lieferung an die Ukraine zu ermöglichen, werde man zudem osteuropäische Staaten unterstützen, Waffen abzugeben, die dann durch Material der Nato-Staaten ersetzt würden. Zugleich gebe es die Verantwortung, eine Ausweitung des Krieges zu verhindern. “Daher kann und wird die Nato nicht in den Krieg eingreifen”, sagte Scholz

Entscheidend sei die Absprache im Bündnis. “Deutsche Alleingänge wären falsch”, sagte Scholz angesichts innenpolitischer Forderungen nach der Abgabe schwerer Waffen. Auch die anderen Verbündeten verhielten sich nicht viel anders, sondern man arbeite zusammen und sehe, wer was liefern könne. Die Bundesregierung hatte Freitag beschlossen, zwei Milliarden Euro zusätzlich für die Beschaffung von Waffen auszugeben. Der Großteil davon soll auf den drei genannten Wegen die Militärhilfe für die Ukraine finanzieren. Das Geld könne sofort eingesetzt werden, wenn es gebraucht werde, sagte Scholz.

SPD-Co-Chefin Saskia Esken wies Vorwürfe aus der Opposition und auch Politikern der eigenen Ampel-Koalition zurück, Deutschland verweigere sich bei der Lieferung schwerer Waffen. Die Regierung habe etwa die Freigabe von ehemaligen NVA-Panzern aus Tschechien an die Ukraine erlaubt. In Regierungskreisen hieß es, Forderungen nach der Belieferung etwa des Leopard-1-Panzern seien aber unsinnig, weil es dafür gar keine Munition mehr gebe. Bei der ebenfalls in der Öffentlichkeit geforderten Abgabe der “Marder”-Schützenpanzer wiederum verweist die Bundeswehr darauf, dass diese etwa bereits in Litauen oder in der Ausbildung im Einsatz seien.

Neben der militärischen Hilfe fühle sich Deutschland als Vorsitz der G7 auch in der Pflicht, das Ziel zu erreichen, der Ukraine 50 Milliarden Euro an finanzieller Hilfe zu zahlen, sagte der Kanzler. An der Schaltkonferenz mit US-Präsident Joe Biden nahmen unter anderem auch die Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Polens, Rumäniens, Kanadas sowie die Spitzen der Nato und der EU teil.

In der Debatte um neue weitere Energiesanktionen gegen Russland bremste Scholz, verwies aber darauf, dass Deutschland etwa beim Ausstieg aus dem Bezug von russischem Gas “viel schneller sein will als alle Pläne vorsehen”. Man müsse aber bei den Sanktionen immer aufpassen, dass diese zweischneidig seien, weil sie nicht nur Russland träfen. Dort sinke die Wirtschaftsleistung durch Putins “unsinnigen Krieg” wahrscheinlich in diesem Jahr um 8,5 Prozent. Während Deutschland hohe Energiepreise als Folgen der Sanktionen abfedern könne, sei dies in anderen Teilen der Welt schwieriger.

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